Saudische Frauen brauchen langen Atem

Erstmals können sich in dem islamischen Königreich Männer für Teilwahlen auf kommunaler Ebene registrierenlassen. Bis zuletzt hat auch eine Frauengruppe für das aktive und passive Wahlrecht gekämpft – vergeblich

JIDDAH taz ■ Seit gestern können sich in Saudi-Arabien Männer für die Kommunalwahlen in der Hauptstadt Riad am 10. Februar 2005 registrieren lassen. In den anderen Landesteilen soll später gewählt werden. Bei den ersten Wahlen überhaupt soll die Hälfte der Mitglieder der Gemeinderäte gewählt werden, die andere wird ernannt. Für viele Frauen ist das eine herbe Enttäuschung, hatten sie doch gehofft, ebenfalls wählen und kandidieren zu können.

Die Debatte fing mit dem Begriff „Bürger“ an. Denn das Gesetz gibt „jedem saudischen Bürger über 21 das Recht auf Wahlbeteiligung“. Das Wort „Bürger“ bezieht sich im Arabischen, genau wie im Deutschen, auf das männliche Geschlecht, aber nur, wenn auch Frauen erwähnt werden. Genau das ist aber nicht der Fall. Für die Historikerin Hatoon al-Fassi von der King-Saud-Universität in Riad war damit klar, dass auch Frauen das aktive und passive Wahlrecht haben.

Al-Fassi ist eine der wenigen, die von Anfang an an das Wahlrecht für Frauen geglaubt haben, selbst dann noch, nachdem Innenminister Prinz Naif Bin Abdul Asis dem Ansinnen am 11.Oktober eine Absage erteilt hatte. Die Regierung, sagte er, habe große Schwierigkeiten mit der Einführung von Wahlen für Männer gehabt. Deswegen hätte man die Beteiligung von Frauen verschieben müssen – unbefristet, versteht sich. „Wenn sich ein System für Männer finden lässt, kann es auch für Frauen geeignet sein“, protestierte al-Fassi.

Die Professorin ist in einem Frauenverein von Intellektuellen namens „al-Multaka“ (das Treffen) aktiv, der vor elf Jahren gegründet wurde. Ziel der Gruppe war, außerhalb der Universität einen geistigen Austausch zu ermöglichen, um den Mangel an öffentlichen Möglichkeiten zu kompensieren. Inzwischen beträgt die Mitgliederzahl 120, darunter sind Professorinnen und nichtberufstätige Frauen saudischer und anderer Nationalität.

Als die saudische Regierung im letzten Jahr Teilwahlen auf kommunaler Ebene ankündigte, wurde das Engagement für das Frauenwahlrecht für die Al-Multaka-Frauen sofort zum wichtigen Thema. Das Schwierigste war, geeignete Frauen zu finden, die bereit waren, zu kandidieren. „Wir haben eine Netzwerk-Gruppe aufgebaut. Jedes Mitglied hatte die Aufgabe, Frauen in Saudi-Arabien zu finden, die als Kandidatinnen infrage kommen“, erklärt al-Fassi das Vorgehen. Al-Multaka verschickte Rundbriefe, in denen Interessierte über die gesetzlichen Bestimmungen sowie die Rechte als Wählerinnen und Kandidatinnen aufgeklärt wurden. Die Gruppe nutzte eine Konferenz im September in Riad, um mit Presseinterviews und Kolumnen eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen.

Umso größer war die Enttäuschung nach der Erklärung des Innenministers. Aber die Aktivistinnen gaben nicht auf. Es gelang ihnen, fünf Kandidatinnen zu finden, die bereit waren, anzutreten. Sie wandten sich mit ihrem Anliegen auch an Prinz Mutib Bin Mikrin, den Chef des Komitees für Regionalwahlen. Doch seit Sonntag ist klar, dass die Al-Multaka-Frauen noch einen viel längeren Atem brauchen. DAHLIA RAHAIMY