Daschner drohte im Alleingang

Im Frankfurter Prozess sagt SoKo-Leiter aus, dass der Polizeivize dem Entführer Jakob von Metzlers gegen den Widerstand des Führungsstabs mit Gewalt drohen ließ

FRANKFURT/MAIN dpa/ap ■ Der frühere Frankfurter Vizepolizeipräsident Wolfgang Daschner hat die Gewaltandrohung gegen den Kindesentführer Magnus Gäfgen nach Zeugenaussagen im Alleingang und gegen den Willen des Führungsstabs durchgesetzt. Am zweiten Prozesstag vor dem Frankfurter Landgericht berichtete gestern der Leiter der SoKo „Louisa“, er habe am Morgen des 1. Oktober 2002 in Absprache mit Kollegen zunächst eine Anordnung Daschners ignoriert und stattdessen das vorbereitete Konzept weiterverfolgt, nach dem der Verdächtige mit den Angehörigen des entführten Bankiersohns Jakob von Metzler konfrontiert werden sollte.

Daschner hatte nach eigener Aussage am Morgen des vierten Tags nach der Entführung angeordnet, dem festgenommenen Gäfgen mit Schmerzen zu drohen und sie ihm im Beisein eines Arztes auch zuzufügen, falls er nicht das Versteck seiner Geisel verrate. Er ist wegen Verleitung zu schwerer Nötigung angeklagt. Neben ihm muss sich der Vernehmungsbeamte wegen Nötigung verantworten, der Gäfgen dazu brachte, die Beamten zum Versteck zu führen.

Daschner habe auf eigene Faust den Beamten gesucht, der die Drohungen ankündigen sollte, so der Soko-Chef. Das sei an ihm und am zuständigen Abschnittsleiter vorbeigelaufen. In einer zweiten Besprechung habe Daschner sein Konzept durchgesetzt. Er habe sein Vorgehen mit der polizeilichen Aufgabe der Gefahrenabwehr begründet und sich auf einen übergesetzlichen Notstand berufen. Hier habe er Vorbehalte gehabt und rechtliche Bedenken geäußert, so der Zeuge. Der ebenfalls als Zeuge geladene SEK-Chef hatte es aus Fürsorgegründen abgelehnt, einen seiner Beamten mit Gewalttaten zu beauftragen.

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