Zappa lebt!: Der Freund
VON VÁCLAV HAVEL
Frank Zappa war während der 70er und 80er einer der Götter des tschechischen Untergrunds. Es war eine Zeit vollständiger Isolation. Die lokalen Rockbands und ihr Publikum wurden von der Polizei gejagt. In dieser Zeit hing Frank Zappa ganz oben in den Himmeln. Er war ein Star, so unerreichbar wie Velvet Underground oder Captain Beefheart. Nie hätte ich mir träumen lassen, dass ich ihm eines Tages begegnen würde. Aber kurz nach der Revolution – damals war ich schon Präsident – tauchte Zappa in Prag auf. Er kam in einer Phase, als die Stadt noch vibrierte vor revolutionärer Energie. Eines Tages besuchte er mich auf der Burg.
Wir gingen dann zusammen einen trinken. Er war die erste Rock-’n’-Roll-Berühmheit, die ich in meinem Leben traf. Und zu meiner Freude war er ein ganz normaler Mensch, mit dem ich mich ganz normal unterhalten konnte. Er wollte alles wissen über die radikalen Veränderungen, die gerade in den Staaten des vormaligen Ostblocks vor sich gingen. Was ihn faszinierte und aufregte, war die Idee, dass der Künstler eine Rolle in der aktiven Politik spielen musste. Er dachte ernsthaft darüber nach, unserem Land inoffizielle Unterstützung zukommen zu lassen, und zwar sowohl kulturell als auch ökonomisch. Möglicherweise hat ihn seine Krankheit daran gehindert, die Sache auch praktisch anzugehen. Ich habe Frank Zappa als Freund betrachtet. Wenn mir heute nach Flucht ist, zumindest in Gedanken, denke ich an ihn.
Václav Havel ist Schriftsteller und war Präsident Tschechiens. Diesen Text stellte er der taz zur Verfügung. Er datiert von 1993.
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