Individuelle Hilfe, Berufsorientierung und Sprachunterricht

Der Kölner Verein „Frauen gegen Erwerbslosigkeit“ ist das einzige Arbeitslosenzentrum nur für Frauen in Nordrhein-Westfalen. Neben der Beratung und Fortbildung für arbeitslose Frauen versteht er sich auch als politische Lobby. Darüber hinaus beteiligt sich die Einrichtung am „Kölner Modell“ der Jobbörse. Heute feiert der Verein seinen 20. Geburtstag

Köln taz ■ Seit einigen Monaten herrscht Hochbetrieb in der Beratungsstelle des Kölner Vereins „Frauen gegen Erwerbslosigkeit“. Doch nicht, weil morgen dessen 20. Geburtstag gefeiert wird. „Wir haben das doppelte Beratungsaufkommen. Hartz hat die Frauen stark verunsichert“, sagt Mitarbeiterin Heike Zbick.

Auch sie hält nicht viel von der „Arbeitsmarktreform“. Denn die treffe vor allem Frauen. Durch die Erfindung der „Bedarfsgemeinschaft“ und die verschärfte Anrechnung von Partnereinkommen werden viele ihr eigenes Einkommen verlieren. Das mache die Frauen wieder von ihren Männern abhängig. Dass ein solcher emanzipatorischer Rückschlag den Frauen von „Frauen gegen Erwerbslosigkeit“ heftig aufstoßen muss, wird auch aus der Geschichte des Vereins verständlich.

Alles begann 1982 mit einer Selbsthilfegruppe. Zu dieser Zeit hatte die Parole „Das Private ist politisch“ längst auch die Frauenbewegung erreicht, wie sich Brigitte Erdweg, die Vorsitzende des Vereins, erinnert. Landauf, landab analysierten Frauen ihr gesamtes Lebensumfeld. „Wir befassten uns speziell mit der geschlechtshierarchischen Arbeitsteilung: dass Frauen die unbezahlte Familienarbeit und Männer die Erwerbsarbeit leisten.“ Die Kritik an diesem verengten Arbeitsbegriff und der Kampf gegen die Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt sind laut Erdweg bis heute die „Fundamente“ des Vereins.

Neben politischer Lobbyarbeit für Fraueninteressen bietet „Frauen gegen Erwerbslosigkeit“ vor allem Beratungen und Fortbildungen an. „Wir helfen auch bei Auseinandersetzungen mit dem Sozialamt, etwa wenn eine Frau umziehen will“, erzählt Zbick, eine der drei hauptamtlichen Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle. Das anerkannte Arbeitslosenzentrum, das einzige nur für Frauen in NRW, bekommt eine Stelle von Stadt und Land mischfinanziert, die beiden anderen Stellen bezahlt die Stadt Köln, weil der Verein seit 1998 auch Träger einer Jobbörse ist.

Diese Entscheidung, sich als Jobbörse am „Kölner Modell“ zu beteiligen, sei dem Verein nicht leicht gefallen, erzählt Erdweg. Weil das Konzept der Jobbörse in erster Linie auf die Vermittlung orientiert sei und „wir eigentlich überzeugt sind, dass Arbeitslosigkeit kein individuelles Vermittlungsproblem ist“. Schließlich habe frau aber doch mitgemacht – unter der Bedingung, dass arbeitslose Frauen nicht zum Gang in die Jobbörse in der Nippeser Gellertstraße 45 gezwungen werden. Denn hier ist frau davon überzeugt, dass Zwang wenig hilfreich ist, um Menschen in Arbeit zu bringen.

Mit den Frauen, die von sich aus die Jobbörse aufsuchen, erarbeitet der Verein einen individuellen Hilfeplan und bietet Schulungen, Berufsorientierungsseminare oder Hilfe beim Erstellen von Bewerbungsmappen an. Seit drei Jahren gibt es außerdem alltagsorientierten Sprachunterricht für Migrantinnen, die immer zahlreicher in die Beratung kommen. „Wir haben einen regen Austausch mit ‚agisra‘, der Beratungsstelle für Migrantinnen“, erzählt Zbick.

Überhaupt habe sich die Klientel in den letzten Jahren sehr geändert, meint Erdweg. Früher wären vor allem ausgebildete deutsche Frauen in die Beratung gekommen, die nach der Babypause wieder in den Beruf zurückkehren wollten. Inzwischen seien dagegen alle Schichten und Nationen unter den Kundinnen zu finden. „Das ist auch ein Zeichen der zunehmenden Verarmung und Ausgrenzung von Arbeitslosen.“ Susanne Gannott

„20 Jahre Frauen gegen Erwerbslosigkeit“: Geburtstagsfeier am 24. November, 15 Uhr, Alte Feuerwache (Melchiorstr. 3). Nach der Podiumsdiskussion „Hartz IV und die Zukunft der Erwerbsarbeit“ unter anderem mit Sozialdezernentin Marlis Bredehorst und Peter Welters, Leiter der Agentur für Arbeit Köln, gibt es ab 18 Uhr ein „interkulturelles Kulturprogramm“ mit Heinrich Pachl, Illa Korp und Afsaneh Sadeghiwww.frauen-erwerbslos.de