Nürnberger Haftbefehl gegen Videla

Wegen der Ermordung der Deutschen Käsemann und Zieschank erlässt das Amtsgericht Nürnberg Haftbefehle gegen den ehemaligen Chef der argentinischen Militärjunta, stellt aber Verfahren um die Verschwundenen von Mercedes-Benz ein

VON BERND PICKERT

Das Amtsgericht Nürnberg hat am 28. November diesen Jahres gegen den ehemaligen Chef der argentinischen Militärjunta, Jorge Videla, sowie gegen zwei weitere hochrangige ehemalige Militärs einen internationalen Haftbefehl erlassen. Das teilte die Justizpressestelle beim Oberlandesgericht Nürnberg gestern mit. Videla sowie der frühere Oberbefehlshaber der Marine, Emilio Massera und der frühere Offizier Carlos Suarez Mason werden beschuldigt, für die Entführung und Ermordung der Deutschen Elisabeth Käsemann und Klaus Zieschank 1976 und 1977 verantwortlich zu sein.

Die Haftbefehle gegen Videla und Massera gehen auf Strafanzeigen der Anwälte von Angehörigen der deutschen und deutschstämmigen Opfer zurück, die in der so genannten „Koalition gegen Straflosigkeit“ zusammengeschlossen sind. Für sie hatte die Nürnberger Justiz allerdings gestern auch schlechte Nachrichten parat: Das Verfahren gegen den Exproduktionsleiter von Mercedes-Benz in Argentinien, Juan Tasselkraut, wird eingestellt. Ihm war vorgeworfen worden, durch die Weitergabe von Adressen und eine enge Zusammenarbeit mit dem Militär direkt am „Verschwindenlassen“ von bei Mercedes-Benz beschäftigten Betriebsräten und Gewerkschaftern verantwortlich zu sein. Dieser Verdacht habe sich, so die Nürnberger Justiz, in keiner Weise erhärtet, die Aussagen des einzigen echten Belastungszeugen seien widersprüchlich.

„Eine Unverschämtheit,“ kommentiert die Journalistin Gaby Weber, die die Fälle der Verschwundenen von Mercedes-Benz über Jahre recherchiert hat. Es seien noch nicht einmal alle Zeugen vernommen worden, die von der Staatsanwaltschaft benannt worden seien, kritisiert sie. Die Staatsaanwaltschaft begründet die Einstellung des Verfahrens auch damit, dass es sich bei den insgesamt 25 Tatopfern im Komplex Mercedes-Benz nicht um deutsche Staatsangehörige handelte. Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck, der die Strafanzeige gestellt hatte, kündigte gegenüber der taz Rechtsmittel gegen die Einstellung des Verfahrens an.

Am kommenden Montag wird der Berliner Völkerrechtsprofessor Christian Tomuschat in Stuttgart einen Bericht vorstellen, den er im Auftrag des DaimlerChrysler-Konzerns zu dem Komplex der Verschwundenen erstellt hat. Die Aktivisten befürchten, es könnte sich um einen „Weißwaschbericht“ handeln.