Ein Wald mit zwei Siegeln

Der Berliner Wald ist vom Forest-Stewardship-Council (FSC) und von Naturland zertifiziert. Sie verfügen über die Definitionshoheit, was unter ökologischer Waldnutzung zu verstehen ist – Relikte der Weltklimakonferenz von Rio

Die Zertifikate des Forest-Stewardship-Council (FSC) und des Naturland e.V. sind die ökologisch anspruchsvollsten, die es in Deutschland gibt. Ihr Ziel ist eine naturnahe Bewirtschaftung des Waldes. In Deutschland sind zur Zeit rund 496.000 Hektar Forstfläche nach FSC zertifiziert. Rund 54.000 Hektar davon werden zusätzlich von Naturland kontrolliert.

Bei der ökologischen Waldnutzung soll das gesamte Ökosystem Wald möglichst wenig durch menschliche Eingriffe verändert werden, während gleichzeitig eine wirtschaftliche Nutzung des Waldes möglich sein soll. Ermöglicht wird dies durch ein klares Regelwerk zu Holzeinschlag, Befahren des Waldes oder Fragen der Aufforstung und Waldpflege. So soll der Waldboden nach Möglichkeit geschont werden. Was aber bedeutet, dass maximal zehn Prozent der Waldfläche befahren werden darf. Gleichzeitig ist der Einsatz schwerer Fällmaschinen, so genannter Harvester, erlaubt, wenn bestimmte Mindestabstände zwischen den Einschlagwegen beachtet werden. Angedacht ist außerdem, die bisher in Deutschland vorherrschenden Monokulturforste durch gezielte Anpflanzungen von Laubbäumen in Mischwälder zu verwandeln. Der Berliner Wald besteht zu 66 Prozent aus Kiefern, während in Süddeutschland eher Fichtenwälder die Regel sind.

Wichtiges Instrument der beiden Zertifikate sind die so genannten Referenzflächen, auf denen keinerlei menschlicher Eingriff vorgenommen werden darf. Darüber soll eine Laborsituation geschafft werden, die mit den bewirtschafteten Flächen verglichen werden kann. Laborsituation deshalb, weil natürliche Prozesse, die im Wald ablaufen, oft unbekannt sind. Der deutsche Wald in seiner ganzen Schönheit ist inzwischen ein reines Kunstprodukt, das seit mindestens 200 Jahren ständig menschlichen Eingriffen ausgesetzt ist. Die Flächengröße soll nach den FSC-Richtlinien bei rund fünf Prozent des Gesamtwaldes liegen und nach Möglichkeit repräsentativ für den Wald sein.

Gegründet wurde der FSC in Folge der Weltklimakonferenz in Rio de Janeiro 1992 in Brasilien, um internationale Standards für eine nachhaltige Waldnutzung zu erarbeiten. Ursprünglich auf den Erhalt von tropischen Regenwäldern ausgerichtet, existieren inzwischen international vergleichbare Standards für verschiedene Waldsorten. Nicht nur ökologische und wirtschaftliche Richtlinien wurden dabei berücksichtigt, sondern auch soziale Maßgaben sind im Regelwerk aufgenommen.

Die deutschen FSC-Regeln gehen auf das Jahr 1995 zurück, als eine Arbeitsgruppe aus verschiedenen Natur- und Umweltverbänden begann, Konzepte für eine Öko-Zertifizierung von Waldbetrieben zu erarbeiten. 2001 wurde daraus der deutsche FSC-Standard. Die Einhaltung der Standards wird jährlich durch unabhängige Gutachter kontrolliert. Auch die Naturland-Vorgaben orientieren sich an den FSC-Normen, legen diese aber in einigen Fällen wesentlich enger aus. Das Naturland-Zertifikat ist somit eine Art verschärfte Norm. TORBEN IBS