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: Filigran-Pop mit Bläsersatz: Kante kommen ins Lagerhaus

Früher war Peter Thiessen auch bei Blumfeld, jetzt macht er nur noch Kante. Die ausgefeilten Song-Strukturen gehen weniger nach vorn, die Sprache der Texte ist weniger eingängig (einerseits), aber auch weniger rätselhaft (andererseits). Kante-Vokabular oszilliert zwischen Unentschieden und Neugier: Traum, zwischen, manchmal, vielleicht. Worte wie diese herrschen vor. Eingebunden in Songs, dann wieder in Prosaminiaturen, die in der sanften musikalischen Brandung schweben wie Irrlichter, Sonnenaufgänge, Hitzflimmern. „Wir laufen durch die Straßen / Wir sehen unmöglich aus“, der Titelsong der neuen Platte „Zombi“ gibt den Gestus vor. Kante stellt sie am Freitag im Lagerhaus vor. Inklusive Bläsersektion.

Nach „Zwischen den Orten“ und „Zweilicht“ begehen Kante wieder verworrene Pfade. Die musikalischen Strukturen der urban-kleinteiligen, oft ausladenden, mitunter fast bis zum Stillstand entschleunigten Songs sprechen eine literarische Sprache. So geht den Bläsersätzen, die diesmal auch beim Konzert live zu hören sind, die Schneidigkeit des aktuellen deutschsprachigen Soul-Punk völlig ab. Viele der ruhigen, flächigen Arrangements erinnern eher an Jazz-Suiten in der Umbruchphase hin zum Free Jazz.

Mit Blick auf Hubert Fichtes ethnologisch-literarische Arbeiten spricht Thiessen vom hybriden Spiel von Kulturen und Religionen. „Es gibt Altäre, bei denen stehen oben katholische Heilige, und unten drin findet man Fetische.“ Eine karnevaleske Gleichzeitigkeit in der Musik herzustellen, ohne dem Ethno-Pop anheimzufallen, war das erklärte Produktionsziel bei „Zombi“. Daher die loop-artig sich wiederholenden reduzierten Melodie-Rhythmus-Partikel. Daher der Gesang, der verschiedene Arten von Sprechen auslotet. Daher schließlich das abrupte Einschwenken in geräuschhafte Miniaturen, die sich bald wieder in einer klanglichen Gemengelage auflösen.

Bis der nächste „Widerspruch“ ins musikalische Haus steht. Hierfür spielt die musikalische Achse Hamburg-Weilheim auf „Zombi“ eine wichtige Rolle. Mit Tobias Levin (Cpt. Kirk &) und Micha Acher (Notwist) kooperiert Thiessen mit Musikern, deren Produktionen im vergangenen Jahrzehnt auf jeweils unterschiedliche Weise stilbildend waren für hiesige Popmusik. Kante machen daraus eine konzentrierte Mixtur. Und keine Melange. Darum auch sind ihre Konzerte weniger dem Wiederhören von Platten gewidmet als dem Konzert als Ereignis. Tim Schomacker

Kante Big Band spielt am Freitag, 26. November, um 21 Uhr im Lagerhaus