DER STAHLSTREIT ZWISCHEN USA UND EU ZEIGT, DASS DIE WTO FUNKTIONIERT
: Kern einer künftigen Wirtschaftsregierung

Die Globalisierung hat ihre guten Seiten. Die häufig angefeindete Welthandelsorganisation WTO auch. US-Präsident hat sich gerade einem Schiedsspruch der Organisation gebeugt und die Importzölle für Stahl aus Europa und Japan außer Kraft gesetzt. Der politische Eingriff der Welthandelsorganisation hat dazu beigetragen, dass die US-Regierung mit ihren ökonomischen Großmachtallüren nicht erfolgreich war.

Bush gab die Strafzölle nicht freiwillig auf. Zuvor hatte die WTO einer Beschwerde der Europäischen Union Recht gegeben, die gegen die Schutzzölle für marode US-Stahlfirmen geklagt hatte. Ohne den Rückzieher von Bush würde die EU ab kommender Woche Schuhe, Textilien und Südfrüchte aus den USA ebenfalls mit Importstrafen belegen – und das völlig legal. Die damit zusammenhängenden ökonomischen und politischen Schäden wollte die US-Administration nicht riskieren.

Durch ihre Hegemonialpolitik im Irak und die Ignoranz gegenüber internationalen Abkommen etwa beim Klimaschutz hat die US-Regierung zurzeit schon genug Probleme. Die Welthandelsorganisation wird von der globalisierungskritischen Bewegung heftig kritisiert. Die in Genf ansässige Megabehörde setze vor allem die neoliberale Form des Kapitalismus durch, die wiederum in erster Linie den Großmachtinteressen der USA diene. Der Vorwurf trifft über weite Strecken zu. Doch der Vorgang um die Strafzölle zeigt auch, welches Potenzial in der WTO steckt. Sie bildet den Kern einer künftigen Wirtschaftsregierung der Welt, die den Egoismus großer wie kleiner Staaten im Zaume halten kann.

Nun setzt sich die Aufsichtsbehörde meist für das ungehinderte Funktionieren des Weltmarkts ein und weist politische Interventionen – wie im Falle der Zölle – zurück. Das ist ihre Aufgabe, aber auch das Problem. Wie nationale Großmachtpolitik ein transnationales Gegengewicht braucht, so benötigt der Weltmarkt ein politisches Korrektiv. Dieses zu gewährleisten, ist die WTO heute nicht willens und nicht in der Lage. Die globalisierungskritische Bewegung sollte deshalb nicht die Abschaffung der WTO fordern, sondern ihre Ergänzung durch andere Organisationen. HANNES KOCH