Parallelgesellschaft

Joschka und Gotthilf: Ein Doppelporträt arbeitet sich an zweimal Fischer ab (WDR, 20.15 Uhr)

Frage: Was haben Joschka Fischer und Gotthilf Fischer gemeinsam? Antwort: Der eine wurde 1948 in Gerabronn geboren, der andere 1928 in Plochingen. Außerdem ist der eine Außenminister, der andere Chorleiter, und beide tragen kein Toupet. Solcherlei Parallelen zwischen dem Fischer-Joschka und dem Fischer-Gotthilf lassen sich haufenweise finden. Es sind mindestens so viele wie zwischen dem Schröder-Gerhard, der Bundeskanzler ist, und dem Schröder-Lothar, der für den WDR eine Filmchen über die Namensvettern Joschka und Gotthilf gemacht hat.

45 Minuten dauert der Film, der zusammenfügt, was nicht zusammengehört, und währenddessen der Off-Kommentar (gesprochen von Jochen Busse in permanent süffisantem Tonfall) „die Geschichte von Fischer und Fischer“ erzählen will, die angeblich 1968 beginnt. Illustriert mit allerlei Archivschnipseln geht es darin – Schnitt/Gegenschnitt – durch dreieinhalb Jahrzehnte zweier Erfolgsbiografien.

Doch über den einen Fischer erfährt man nichts, was man nicht schon wusste. Über den anderen Fischer immerhin, dass sein Chorauftritt bei der Fußball-WM ‚74 insgesamt 284.000 Mark gekostet habe, dass er von der RAF mit Drohanrufen terrorisiert worden sei und angeblich sogar die Nummer 9 auf deren „Todesliste“ war, wie er stolz (?) erzählt. Und wer hätte gedacht, dass Fischer 1977 eine „Friedensmesse“ für den damaligen US-Präsidenten Jimmy Carter komponiert hat, der ihm daraufhin im Weißen Haus die Hand schüttelte. Schon klar irgendwie, dass Filmemacher Schröder am Beispiel der Fischers eigentlich auch was über Deutschland erzählen will, über Reaktionismus und Aktionismus vielleicht und darüber, dass die einen von einer heilen Welt sangen, während die anderen für eine bessere demonstrierten. Weiter heißt es beispielsweise zum WG-Einzug Joschka Fischers im Jahr 1970: „Was ist bloß los mit der Republik, wenn jetzt sogar ein Schwabe an den Vorzügen eines sauberen Eigenheims zweifelt?“

Und spätestens, wenn dann auch noch ein Hellmuth Karasek, geboren 1934 im österreichischen Brünn, Allgemeinplätze über die Schwaben Fischer und Fischer in die Kamera sagt, spätestens dann muss man spitzfindig darauf hinweisen, dass Joschka Fischer gar nicht aus Schwaben kommt, weil sein Geburtsort Gerabronn gar nicht in Schwaben liegt – und „Fischer“ womöglich nichts weiter als der vierthäufigste Familienname Deutschlands ist. Für die nächsten Folgen griff man übrigens auf Vornamen zurück: Es folgen „Conny und Conny“ (Adenauer und Froboess) und „Franz und Franz“ (Strauß und Beckenbauer). CHRISTOPH SCHULTHEIS