Zucker als Entwicklungshelfer in Afrika

Ob 30.000 Menschen in Mosambik und Sambia Arbeit finden, hängt von der EU-Zuckermarktreform ab, sagt Oxfam

BERLIN taz ■ Vincent Dyson hat eine Farm in Afrika. Auf drei Hektar baut er Zuckerrohr an und verkauft es wie die anderen 270 Bauern der Zuckeranbaugesellschaft Dwangwa in Malawi an eine südafrikanische Fabrik. Das bringt etwa 990 US-Dollar im Jahr. Mit diesem Einkommen liegt Dyson deutlich über dem Schnitt der Landwirte in Malawi.

Zurzeit sorgt sich Dyson um die geplante Zuckermarktreform in der EU – und reist deshalb durch Europa. Dorthin konnte Malawi nämlich bisher rund 20 Prozent seiner Zuckerproduktion exportieren, für einen „sehr guten Preis“. Der liegt in Europa um mehr als 300 Prozent über dem Weltniveau. Dass die Bauern aus Malawi ein gutes Geschäft mit der EU machen, liegt an festgelegten Quoten und Preisen, die Europa den am wenigsten entwickelten Ländern (LDC) zubilligt. Gleichzeitig sorgt das Subventionssystem aber für Überschüsse, die auf dem Weltmarkt weit unter Herstellungskosten verkauft werden und dazu beitragen, dass der Preis dort bei 150 US-Dollar liegt.

„Dieser Preis ist eine Katastrophe“, sagt Alexander Candido Munguabe von der Zuckergewerkschaft Sintia in Mosambik. Denn die Produktionskosten liegen in seinem Heimatland bei 350 US-Dollar je Tonne. Noch sorgten die Einnahmen aus den EU-Exporten für eine Mischkalkulation, die in den Zuckeranbaugebieten für überdurchschnittliche medizinische Versorgung und Bildungseinrichtungen gesorgt habe.

Sollten die Reformpläne der EU-Kommission jedoch Wirklichkeit werden, würde für jede Tonne Zucker in Europa etwa ein Drittel weniger bezahlt. Zu radikal – sagen die afrikanischen Zuckerbauern. Und fordern zudem Sozialklauseln, die dafür sorgen sollen, dass die Profite auch bei den Bauern und Landarbeitern ankommen.

Unterstützt werden sie von Oxfam. Die Hilfsorganisation hat errechnet, dass allein in Mosambik und Sambia bis zu 30.000 neue Arbeitsplätze entstehen könnten, wenn Europa seine Zuckermarktordnung zugunsten der LDCs verändern würde. Dazu müsse die Überproduktion gestoppt und gleichzeitig den LDCs ein leichterer Marktzugang zu rentablen Preisen ermöglicht werden.

Dafür werben Dyson und Munguabe nun zwar bei Parlamentariern und Ministern in Europa. Über ihre Chancen machen sie sich aber keine Illusionen. „Unser Einfluss ist winzig“, sagt Kisebe. „Aber wir haben vielleicht das Herz des ein oder anderen erreicht.“ STEPHAN KOSCH