Sich erinnern mit 4711

Düfte erleichtern das Leben von Demenzkranken. Über die Krankheit informiert heute in Köln das „memory mobil“

Köln taz ■ Zuerst vergisst man Kleinigkeiten: „Wo ist der Schlüssel?“ Dann die Namen der Nachbarn. Irgendwann findet man sich in der eigenen Wohnung nicht mehr zurecht, verliert Zeit- und Raumgefühl, kennt sich am Ende selbst nicht mehr. Alzheimer heißt die Hirnerkrankung mit diesen gefürchteten Symptomen. Sie kann jeden treffen.

Klarkommen müssen mit dem geistigen Verfall die Betroffenen und deren Angehörige. Deshalb bietet das Kölner Alzheimer Forum nicht nur Pflege, Behandlung und Beratung von Patienten an, sondern lädt auch regelmäßig die Angehörigen zu Vorträgen über die neuesten Erkenntnisse ein. „Schulmedizin und alternative Medizin stehen sich in der Alzheimerbehandlung nicht so konträr gegenüber wie sonst“, sagt der Mediziner Klaus Maria Perrar. Es gebe Medikamente, die den Verlauf der Krankheit verzögern, und sehr gute ergänzende Alternativmethoden.

„Snoezelen“ ist eine davon. Die Idee kommt ursprünglich aus Holland, ist aber inzwischen auch hierzulande bei der Betreuung von Alzheimer-Patienten recht verbreitet. Die Bezeichnung kommt von sniffelen für schnüffeln und doezelen für dösen und steht für das Ansprechen aller Sinne in einer angenehmen Atmosphäre. Musik, Wasserbetten, Hängematten, Kuschelecken und Lichtprojektionen – das gehört zum Snoezelen. „So können Alzheimer-Patienten zum einen beruhigt, zum anderen aber auch angeregt werden“, erklärt Perrar. Er habe schon oft erlebt, wie in der Kommunikation sehr eingeschränkte Menschen durch das Snoezelen aufgetaut seien. Eine Therapie im eigentlichen Sinne sei das zwar nicht, aber ein sehr sinnvolles Freizeitangebot.

Auch den Einsatz von Düften und Aromen möchten Alzheimer-Experten wie Angelika Scharper nicht als Heilmethode verstanden wissen. Sie spricht lieber von einer „sehr effektvollen Hilfe im täglichen Umgang mit den Erkrankten“. „Düfte stoßen Erinnerungen an und bieten Orientierung zu Jahreszeiten und zur eigenen Person“, sagt die Leiterin eines Pflegedienstes. Ungeahnte Wirkung habe ein Fläschchen 4711. Da tauche bei vielen alten Frauen Längstvergessenes wieder auf. Kommunikation komme plötzlich in Gang bei Menschen, die schon lange nichts mehr gesagt haben.

Denselben Effekt erreicht auch „Koming“, das Spiel mit Handpuppen. Was albern anmutet, erweist sich als äußerst kommunikationsfördernd. Nur schwer können Gesunde wie Kranke dem Charme der Puppen widerstehen und lassen sich auf ein Gespräch mit ihnen ein. Unwillkürlich wendet sich der Blick vom Puppenspieler weg zur gestikulierenden Puppe. „Koming heißt Kommunikation und Komik, aber auch Koma für das geistige Weggetretensein. Es ist faszinierend, wie amüsant und gleichzeitig würdevoll Koming ist“, sagt Hans-Joachim Schirmer, Nervenarzt und Miterfinder dieser Methode. Christiane Martin