Vom Pentagon schlicht gefeuert

Der Mediziner Durakovic erhält morgen den Anti-Atom-Preis für seinen Kampf gegen radioaktiv belastete Munition. Zudem geehrt: indische Bauern und ein US-Publizist

JAIPUR taz ■ Er erfand das Wort „Golfkrieg-Syndrom“ und sprach von einer „Verschwörung gegen amerikanische Kriegsheimkehrer“: Der Nuklearmediziner Asaf Durakovic. Das Pentagon entzog ihm jegliche Aufträge, einschlägige Krankenakten verschwanden. Daraufhin gründete der 64-jährige Kroate in Kanada das Uranium Medical Research Center (www.umrc.net). Durakovic ist ein Vorkämpfer gegen das Verschweigen, urteilte jetzt die Jury des Nuclear Free Future Awards. Morgen wird ihm deshalb in der Kategorie „Aufklärung“ dieser weltweit wichtigste Anti-Atom-Preis verliehen – und zwar im indischen Jaipur, auf der Jahreskonferenz der „Coalition for Nuclear Disarmament and Peace“.

„Ich habe Strahlenschäden auf der ganzen Welt gesehen“, sagt Durakovic, der in Kroatien geboren ist. In die USA ging er 1975. Er trat in die Armee ein, um die Einbürgerung zu beschleunigen – und wurde Oberst. Unmittelbar nachdem er im ersten Golfkrieg ein Feldlazarett geleitet hatte, bat ihn das Pentagon, 27 Kriegsheimkehrer zu untersuchen: Bei mehr als der Hälfte stellte er abgereichertes Uran im Körper fest.

Abgekürzt wird das DU, was für Deleted Uranium steht. Dieses Abfallprodukt aus der Herstellung von Brennelementen für Atomkraftwerke wird genutzt, um Geschosse zu härten. So können sie Gebäude und Panzer durchdringen. Beim Aufprall entzündet sich die Munition explosionsartig – radioaktiver, toxischer Staub legt sich über die Umgebung.

Vor allem im südlichen Irak stößt man auf Kriegsgerät und Gebäude, die derart zerstört wurden. Doch werden die Spätfolgen der radioaktiven Niedrigstrahlung – vor allem Schilddrüsenkrebs bei Kindern – bis heute verschwiegen. Durakovic: „Die langfristigen Auswirkungen von DU sind unabsehbar.“

„Aufklärung“ ist nur das eine. Der mit 30.000 Dollar dotierte Preis für eine Welt ohne Atomwaffen und Kernenergie ehrt genauso Menschen, die für „Widerstand“ oder die „Entwicklung von Lösungen“ stehen. 1998 rief der Münchner Journalist Claus Biegert die Auszeichnung mit diesen drei Kategorien ins Leben (www.nuclear-free.com).

So werden dieses Jahr auch indigene indische Bauern der Jakharandis Organisation Against Radiation (JOAR) ausgezeichnet: Seit Jahren kämpfen sie gegen die Uranium Corporation of India Ltd (UCIL) und wehren sich gegen den Uranabbau in ihrem angestammten Land. Den Preis für „Lösungen“ erhält der amerikanischen Publizist Jonathan Schell. Er entwirft seit seinem Bestseller „Das Schicksal der Erde“ Ideen für die atomfreie Welt.

WOLFGANG HEUSS