Bäume sterben, damit die Kirche lebt

Wieder wird ein Stück Schöpfung zerstört: Die Dominikaner in der Kölner Lindenstraße überbauen ihren Klostergarten. Anwohner sind empört, dass dabei alter Baumbestand zum Opfer fällt. Die Dominikaner halten das alles für ihre Privatsache

Von Thomas Spolert

„Ich bin richtig frustriert“, sagt Ulrich Fiedler und schaut wehmütig von seiner Wohnung aus in den Klostergarten der Dominikaner an der Lindenstraße in der Kölner Innenstadt. Wo einst eine grüne Oase mit 30 Bäumen stand, liegen nun die traurigen Reste von gefällten Buchen und Platanen. Mittendrin im Chaos von Lastwagen, Bauarbeitern und Baumstümpfen steht einsam ein Kreuz. Die Dominikaner wollen an der Lindenstraße ein siebenstöckiges Wohn- und Bürohaus mit Tiefgarage bauen. Dafür mussten eine unter Naturschutz stehende, über hundert Jahre alte Rotbuche und zwanzig weitere Bäume weichen.

Eine Anwohnerinitiative hatte sich wochenlang bemüht, genau das zu verhindern. Eines Tages ertönten dann aber doch die schrillen Geräusche der Motorsägen: unverkennbares Signal für den Beginn der Fällaktion im Klostergarten. Tage später dröhnen die Sägen immer noch, um die mächtigen Bäume zu zerkleinern. Das Holz wird mit Lastwagen abtransportiert, die durch einen Durchbruch in der Klostermauer fahren. „Für 18 Tiefgaragenplätze mussten die Bäume fallen“, ärgert sich BI-Mitglied Fiedler. Gegen den Bau des Hauses habe er ja nichts, aber die Tiefgarage hätte anders gebaut werden müssen, um den alten Baumbestand zu erhalten.

Vor zwei Wochen hatten noch zwei Vertreter der Bürgerinitiative mit dem Prior des Ordens, Pater Wolfgang Stickler, gesprochen. „Die Dominikaner hatten zugesagt, die Anwohner über das Bauvorhaben zu unterrichten“, berichtet Fiedler. Aber das ganze sei nur eine „Hinhaltetaktik“ gewesen, um weitere Proteste zu verhindern. „Uns wurde in Briefen und auch in diesem Gespräch gedroht, etwas gegen uns zu unternehmen“, entgegnet Prior Stickler. Als „Baummord“ hätten die Baugegner das rechtlich abgesicherte Projekt bezeichnet. „Eine Sprache wie bei den überzeugten Abtreibungsgegnern“, empört sich der Dominikaner-Chef. Mit solchen Leuten sei eine Verständigung nicht möglich. Schon im Juni diesen Jahres seien die Anwohner auf einem Sommerfest über alle Pläne informiert worden. Dabei gehe es die Nachbarn eigentlich nichts an, was der Orden auf seinem Privatgrundstück mache. „Das ist keine öffentliche Sache.“

Mit der Verpachtung des Grundstücks will der Dominikanerkonvent Heilig Kreuz seine Einnahmen, die durch die Sparmaßnahmen des Erzbistums rückläufig sind, langfristig verbessern. „Wir sind in der Pflicht, die Ausbildung von über 20 Jugendlichen in Bolivien zu bezahlen“, begründet der Prior die bereits seit zwei Jahren geplante Baumaßnahme, die vom Stadtrat im Frühjahr diesen Jahres einstimmig abgesegnet wurde. Wie hoch die Pacht-Einnahmen sind, will Stickler jedoch nicht verraten. Eine weitere Bebauung des Geländes schließt der Dominikaner-Pater aus. „Das Gelände ist langfristig verpachtet.“

Bauherr an der Lindenstraße ist die Kölner Pro Secur GmbH, die seit mehr als zehn Jahren ausschließlich mit Ordenseinrichtungen zusammenarbeitet. „Es ist alles mit rechten Dingen zugegangen“, wendet sich Pro-Secur-Geschäftsführer Joachim Klehn gegen jeglichen Verdacht der Klüngelei. Seit zwei Jahren seien der Stadtkonservator, der Gestaltungsbeirat, die untere Landschaftsbehörde und zwei Umweltverbände in die Planungen einbezogen. Die Bezirksvertretung und der Rat hätten schließlich zugestimmt. Im Laufe der Beratungen sei die umstrittene Tiefgarage, die jetzt 29 Plätze hat, verkleinert worden. „Alle anderen Varianten wären unrentabel gewesen“, sagt Klehn.

530 der insgesamt 2.000 Quadratmeter Baufläche sollen als Büros vermietet werden. Wer der Investor ist, bleibt Klehns Geheimnis. „Darüber ist Stillschweigen vereinbart.“ Es seien keine 10 Millionen Euro investiert worden, widerspricht er Gerüchten. „Es ist nicht einmal die Hälfte dieser Summe“, lässt sich der Pro-Secur-Geschäftsführer entlocken.