Unerotische Epik

Sat.1 setzt im Zweiteiler „Die Nibelungen“ (Mo. und Di., 20.15 Uhr) auf Liebe und viel Geld. Den archaischen Stoff macht das aber auch nicht besser

VON JAN SÜSELBECK

„Erfolg ist unser Geschäft“, begrüßt die Website der Münchener Produktionsfirma Tandem Communications ihre Besucher. „Breiter Appeal und packende Geschichten sind die Schlüssel zur erfolgreichen internationalen Vermarktung, und damit zur Bereitstellung des notwendigen Budgets.“ Damit wäre fast schon alles über die 23-Millionen-Dollar-Verfilmung des Epos „Das Nibelungenlied“ gesagt, die Uli Edel für Tandem und Sat.1 verfilmt hat. Nun darf also das deutsche Publikum heute und morgen zur Primetime zwischen endlosen Werbeblocks Benno Fürmann als schneidigen Siegfried bewundern, während Terminatrix Kristanna Loken (als wackere isländische Königin Brunhild) und Alicia Witt (als erstaunlich zerbrechliche Kriemhild) vergeblich um seine ewige Liebe buhlen.

„Du warst mein Lebenslicht / Was soll ich ohne dich / Mehr Liebe gibt es nicht / auf dieser Welt“, schmachtet Barbi Schiller in ihrem Titelsong, der programmatisch ist: Man spricht Deutsch, schließlich handelt es sich ja auch um einen in seiner Rezeptionsgeschichte zum ‚urdeutschen‘ Nationalepos stilisierten Stoff, den man nun noch einmal im europäisch formatierten „Lord of the Rings“-Stil auf den Markt werfen möchte: Selbstbewusste Hollywood-Konkurrenz lautet die Devise. Das irische Autorenehepaar Diane Duane und Peter Morwood hat sämtliche Tradierungen des Epos’ bis hin zu Wagners „Ring des Nibelungen“ (1853) durchgesehen, um die Riesenstory gekonnt auf die unterhaltsamsten Highlights einzudampfen – drastische dramaturgische Änderungen inbegriffen.

Im Zentrum steht nun die tragisch scheiternde Liebesgeschichte Brunhilds und Siegfrieds – wohl auch, um der heidnischen Sagenwelt des Nordens mehr Gewicht verleihen zu können. Brunhilds archaischer Orakelglaube, als dessen leitmotivischer Bote im Film ein sinistrer Rabe fungiert, begegnet der aufkommenden Macht des Christentums, die Siegfrieds Hof zu Xanten beherrscht. Deswegen klingt auch bereits der raunende Filmteaser, der dröhnend von der sterbenden Macht des germanischen Gottes Odin kündet, verdächtig nach einer überkandidelten Terra-X-Folge – trotz der Tatsache, dass prähistorischer Aberglaube in den wichtigsten Überlieferungen des Nibelungenlieds keine große Rolle mehr spielt. Die Rache der germanischen Götter übt in Edels Remake Brunhild, während Kriemhilds Vernichtungsfeldzug gegen die Burgunder, dessen totaler Effekt einst selbst der NS-Propaganda im Angesicht Stalingrads zupass kam, komplett gestrichen ist – auf dass das Filmende kein Downer sei.

Archaisch schon, aber glücklicherweise doch nicht zu deutsch darf schließlich rüberkommen, was auch international abräumen soll. Obwohl Edel stattdessen voll auf die Liebe setzt, ist von dem sexuellen Drive, der die Konkurrenz zwischen Kriemhild und Brunhild bestimmt, nicht mehr viel zu spüren. Loken, die schon in „Terminator 3“ ordentlich austeilen durfte, gibt auch hier mehr in soundtechnisch überfrachteten Kampfszenen aufs Maul, als dass sie ihr Image der unterkühlten Blondine je durchbrechen könnte. Witts Kriemhild bleibt sogar noch blasser, und so blickt die Kamera immer wieder in blutleere Frauengesichter, die sich im weich gezeichneten Blaudunkel nach ihrem Siegfried verzehren. Benno Fürmann darf derweil als munterer Naturbursche Drachen besiegen und mit wuchtigen Klingen auf grimassierende Bösewichte eindreschen.

Ein perfekter Zirkus für die internationalen Massen also – und damit ein Geschäft, das sich rechnen dürfte.