nebensachen aus Bangkok
: Eine Flut von Styroporschiffchen oder: Thailand nach dem Lichterfest

Das Erwachen am Morgen danach ist immer schwierig: Wenn die ausgiebige Feier vorbei ist, mag natürlich niemand die Überreste entsorgen. Der Chao Phraya, der sich durch Bangkok windet, ist meist sowieso schmutzigbraun bis dunkelgrau. Denn die zahlreichen Schiffe, egal ob große Tanker oder kleinere Frachter, haben kein Problem damit, alles in den Fluss zu entsorgen, und das, wo es ihnen gerade passt. Mal abgesehen von dem ganzen Müll, der ansonsten ins Wasser geworfen wird, in den Klongs landet und erbärmlich stinkt.

Am Wochenende aber schwemmten die Fluten neben all dem Unrat noch mehr davon ans Ufer: Runde Stücke aus Styropor, an denen noch zerknautschte Kunstblumen oder nasse Räucherstäbchen klebten. Das waren die Überreste von Loy Krathong, dem thailändischen Lichterfest. Es gilt hier als eines der schönsten Feste zum Ende der Regenzeit im November.

Die entweder aus besagtem Styropor oder auch aus Bananenblättern gefertigten „Schiffchen“ ähneln meist Lotusblüten. Sie sind unbestritten seetüchtig, mit Blumen, Kerzen, etwas Reis und – nicht zu vergessen – oft mit Münzen garniert. Schließlich möchte jeder in Thailand auch im nächsten Jahr glücklich und sorgenfrei leben. Bei Anbruch der Dunkelheit werden die Lotusboote zu Wasser gelassen – eine Opfergabe an die Wassergöttin Mae Khongkha. Kilometerweit schwanken sie auf den Wellen und verwandeln Flüsse und Seen in ein Lichtermeer. So weit, so schön.

Doch an jenen kleinen Lotusbooten entzündete sich jüngst eine heftige politische Debatte. Das für Naturressourcen und Umwelt zuständige Ministerium hatte anlässlich des diesjährigen Loy-Krathong-Festes die langjährige Politik der Bangkoker Administration unter dem ehemaligen Gouverneur Samak Sundaravej aufs Korn genommen: Die Administration hätte in den vergangenen Jahren die Leute geradezu ermuntert, Styropor statt umweltfreundlicher Materialien zu verwenden, monierte eine Mitarbeiterin des Ministeriums in Thailands Tageszeitung Bangkok Post. Dadurch hätte sich der Müll vor allem in den Flüssen und Kanälen angehäuft.

Ihre Kampagnen für ein sauberes Bangkok sehen Umweltschützer und Kritiker somit ad absurdum geführt. Exgouverneur Samak soll seine Politik damit begründet haben, dass die Styroporteile leichter aus dem Wasser zu fischen seien.

Dagegen wäre nichts einzuwenden, wenn es denn auch gemacht würde: Sobald Loy Krathong vorbei ist, kümmert sich kaum jemand darum, dass die Überreste noch tagelang an der Oberfläche schwimmen. Aber vielleicht nützt ja der Appell des neuen Bangkoker Gouverneurs auf lange Sicht etwas: Apirak Kosayodhin von der Demokratischen Partei, ein politischer Konkurrent Samaks, hat der Umwelt- und Luftverschmutzung in der Hauptstadt ohnehin den Kampf angesagt. Kurz vor dem Lichterfest legte er seinen Landsleuten ans Herz, sie sollten doch ausschließlich naturbelassenes Material für ihre Lotusschiffchen verwenden. Leider lassen die „Wracks“ im Wasser dieses Jahr noch darauf schließen, dass der Wunsch Apiraks kaum durchgedrungen ist. Eventuell klappt es ja 2005. NICOLA GLASS