Kofi Annan gerät in Bedrängnis

Der Sohn des UN-Generalsekretärs stand als ehemaliger Mitarbeiter noch auf der Gehaltsliste einer Schweizer Firma, als diese lukrative Aufträge der UNO erhielt – unter fragwürdigen Umständen

„Sollte es Sünden des Sohnes geben, dann kann man dafür nicht den Vater anklagen“

AUS GENF ANDREAS ZUMACH

Kojo Annan, Sohn von UNO-Generalsekretär Kofi Annan, hat nicht nur bis Ende 1999, sondern bis zum Februar 2004 Geldzahlungen von der Genfer Firma Contecna Inspection Services SA erhalten. Das Unternehmen hatte von 1998 bis 2003 einen lukrativen Auftrag der UNO zur Überwachung des Programms „Öl für Nahrungsmittel“ im Irak. Das räumte der Sprecher des Generalsekretärs, Fred Eckard, in der Nacht zum Samstag ein.

Das war zuvor durch einen Zeitungsartikel an die Öffentlichkeit gekommen, dessen Autorin Informationen aus dem Büro des republikanischen US-Senators Henry Hyde erhalten hatte. Hyde, Vorsitzender des Senatsausschusses für internationale Beziehungen, hat eine Untersuchung des US-Kongresses über die Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Programm „Öl für Nahrungsmittel“ (OfN) angestrengt.

Hyde wirft Annan vor, dass er die Herausgabe relevanter Akten an den US-Kongress ebenso verweigert wie die Aufhebung der Immunität von UNO-Beamten, die Hyde als Zeugen vorladen möchte. Uneingeschränkten Zugang zu UNO-Akten und Personal soll nur eine dreiköpfige Kommission erhalten, die im Auftrag Annans sämtliche Vorwürfe untersucht – darunter auch die Zahlungen an den Sohn des Generalsekretärs.

Kojo Annan arbeitete von Dezember 1995 bis Februar 1998 als fester Angestellter der Contecna. Danach war er bis Ende Dezember 1998 noch als Berater für die Firma tätig. Am 31. Dezember 1998 erteilte das New Yorker Generalsekretariat der Firma den Zuschlag für den Auftrag zur Überwachung des OfN-Programms. Diese Daten hatte Annan-Sprecher Eckhard im April dieses Jahres veröffentlicht, um deutlich zu machen, dass zwischen der Tätigkeit Annan Juniors bei Contecna und der Auftragsvergabe an die Firma kein Zusammenhang bestanden und daher kein Interessenkonflikt vorgelegen habe.

Der Eindruck eines Interessenkonflikts oder gar korrupter Handlungen wird seit Anfang des Jahres von Senator Hyde, dem Wallstreet Journal und anderen US-Medien geschürt. Anlass zu dem Verdacht gab auch eine bis heute nicht geklärte Unstimmigkeit bei der Vergabe des UNO-Auftrags an die Contecna im Dezember 1998. Mit ihrem ursprünglichen Angebot von 4,87 Millionen US-Dollar lag die Genfer Firma deutlich unter den Offerten ihrer Konkurrenten. Doch bereits vier Tage nach Vertragsunterzeichung mit der UNO sattelte die Contecna saftige Gebühren auf ihr ursprüngliches Angebot drauf, wodurch dieses teurer als die Angebote der drei nächsten Mitbewerber wurde.

Belegt ist dieser Vorgang durch eine UNO-interne Finanzprüfung. Die Frage, warum das New Yorker Generalsekretariat den Vertrag mit der Contecna nach dieser vertragswidrigen Kostensteigerung nicht kündigte, ist bis heute unbeantwortet.

Bereits im September dieses Jahres war bekannt geworden, dass Kojo Annan auch nach Ende seiner Beratungstätigkeit für die Contecna Ende Dezember 1998 noch ein weiteres Jahr – bis Ende 1999 – von der Firma monatliche Zahlungen in Höhe von 2.500 US-Dollar erhielt. Nach den jetzt öffentlich gewordenen Informationen liefen diese Zahlungen sogar bis einschließlich Februar 2004. UNO-Sprecher Eckhard erklärte, er habe diese neuen Information erst letzte Woche von Kojo Annans Anwalt erhalten.

An so einer Vereinbarung sei „überhaupt nichts Illegales“, erklärte Eckhardt. Mit der Feststellung, „sollte es Sünden des Sohnes geben, dann kann man dafür nicht den Vater anklagen“, wandte sich Eckard zudem gegen alle Versuche, den UNO-Generalsekretär in Sippenhaftung zu nehmen. Kofi Annan nimmt den Vorgang offenbar ernster. Am Donnerstag brach er überraschend seine Afrikareise ab und kehrte nach New York zurück. Er müsse sich dringend der Situation im Irak widmen, lautete die offizielle Begründung.

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