Intendant Pierwoß bläst zum Gegenangriff

Theater-Intendant will seine Karriere nicht mit der Streichung einer Sparte des Theaters beenden. Er wird gehen, wenn Kultursenator Gloystein seinen Vertrag bricht. Theater verteidigt die Opernsparte gegen den Senator und den Weser Kurier-Feuilletonchef

bremen taz ■ Theaterintendant Klaus Pierwoß ist stocksauer. Erst kommen CDU-Kultursenator Peter Gloystein und der Chef der Senatskanzlei, Reinhard Hoffmann, und wollen im Aufsichtsrat die Kürzung des Theateretats um eine „siebenstellige“ Summe verhandeln. Das ist eine Größenordnung, die nur über die Schließung einer großen Sparte zu erreichen ist – weder Jugend- noch Tanztheater sind so teuer. Und dann erscheint ein Artikel im Weser Kurier und sagt schon mal, was gestrichen werden kann: die Oper. „Ich glaube nicht an Zufälle“, sagt dazu Pierwoß. Und wirft sein größtes Gewicht in die Waagschale – sich selbst. Mit ihm jedenfalls gehe das nicht. „Dann müssen andere ein anderes Theater machen“, sagt er. Und meint es ernst. Denn, so erläuterte er gestern, Bremen sei „vielleicht meine letzte Theaterstation – die will ich nicht damit beenden, dass ich Sparten schließe.“

Pierwoß kennt die Angriffe auf den Theaterhaushalt. Kaum war einst der CDU-Politiker Ulrich Nölle zwei Monate im Amt, da wollte der die Jugendsparte des MOKS-Theaters schließen. Auch das Tanztheater stand zwei Mal auf der Streichungsliste der Politik. Pierwoß hatte deswegen darauf insistiert, dass die vier Sparten in seinen Vertrag geschrieben werden. Der Vertrag war wenige Wochen alt, da teilte ihm der damalige Kultursenator Hartmut Perschau (CDU) mit, dass um ein Prozent gekürzt werde. Das machte für die laufende Spielzeit 230.000 Euro aus – und Pierwoß erinnert gern daran, wenn ihm jetzt vorgehalten wird, den Etat um 500.000 Euro überzogen zu haben.

Zu einem „Beipack-Ressort“ sei das Kulturressort geworden, jetzt also unter Gloystein. Der sei „in seinem eigenen Ressort noch nicht angekommen“, beschreibt Pierwoß die Lage. Im Aufsichtsrat regiert die Senatskanzlei, Staatsrat Reinhard Hoffmann.

Mit einem Satz hat der Feuilleton-Chef des Weser Kurier der Oper einen Tiefschlag versetzt: „Das Niveau der Oper ist seit Jahren sukzessive gesunken“, schrieb Arnulf Marzluf. Drei Seiten lang ist die Presseerklärung, mit der Pierwoß diesen schlichten Satz widerlegt (im Wortlaut unter www.mehr-dazu.de). Die Karriere der Operndirigenten, die Karrieren der Sänger, die der Spielleiter zeigen, sagt Pierwoß, dass Bremen wie zu Zeiten von Intendant Kurt Hübner eine gute Station ist. Und die Fachpresse versteht das. Nur der Weser Kurier-Feuilletonchef offenbar nicht. Der wollte Pierwoß‘ Antwort offenbar auf einen knappen Leserbrief herunterhandeln. Doch dessen Antwort war gestern eine Pressekonferenz. „Ob der Weser Kurier als mehr oder weniger Monopol den Widerspruch zulassen wird?“, fragte Pierwoß gestern. Zu der Pressekonferenz war Marzluf nicht gekommen.

Der Senat hat unterdessen wieder ein Gutachten beschlossen – wo McKinsey schon „ein großes Desaster“ erlebt hatte, damals. Pierwoß lässt sich den Mund nicht verbieten, das mögen viele in der Politik nicht. „Der Erkenntniswert der Gutachten ist doch begrenzt“, sagt er, das seien „bestellte Ergebnisse, die anschließend instrumentalisiert werden“. Er habe wenig Lust, wieder einmal zwei Monate lang „overdressten Ökonomiejüngelchen“ erklären zu müssen, „wie das Theater funktioniert“.

Wie diese staatlichen Kulturpolitiker sich das vorstellen! Der Kulturhaushalt solle irgendwann im April oder Mai 2005 endgültig beschlossen werden. Im Mai beginnen aber schon die Vorproben für die Saison 2005/2006. Und Verträge für die Oper, sagt Pierwoß, sind natürlich schon bis Sommer 2007 geschlossen. Vom Theater wird eine solide Haushaltspolitik verlangt. Pierwoß verkneift sich die schlichte Retourkutsche – den Hinweis auf das staatliche Planungschaos. Er sagt nur: „eine kuriose Situation“.

Klaus Wolschner