Die KVB will einmal pünktlich sein

Mit der Umstellung auf den neuen Winterfahrplan soll der Verkehrsfluss auf Kölns Straßenbahnschienen optimiert werden. Dabei verlässt sich die KVB lieber auf ein Ingenieurbüro als auf die Uni. Dort tüftelt man seit Jahren am perfekten Fahrplan

Von Christiane Martin

Mit dem neuen Fahrplan, der am 12. Dezember in Kraft tritt, soll alles besser werden. Erklärtes Ziel der KVB ist es, die Störanfälligkeit des Bahnbetriebs zu minimieren. Dafür hat sie eigens ein Ingenieurbüro beauftragt, Fahrplanuntersuchungen durchzuführen. Auch an der Uni Köln wird in dieser für die KVB-Nutzer wichtigen Frage geforscht. Aber die Ergebnisse von Informatikprofessor Ewald Speckenmeyer finden die KVB-Manager höchstens „sehr interessant“.

Der „Trödelparameter“ ist wichtig bei den hochkomplizierten mathematischen Gleichungen von Ewald Speckenmeyer. Der Mathematiker erforscht, wie störanfällig der Fahrplan der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) ist und wie man ihn optimieren könnte. „Liegt zum Beispiel nasses Laub auf den Gleisen, muss die Bahn langsamer fahren. Der Fahrer ‚trödelt‘. Aber nicht, weil er pennt!“, sagt Speckenmeyer. In seine Rechnungen fließt das mit ein, genauso wie der „Beladeparameter“. Der zeigt, dass auch die Fahrgäste manchmal langsamer sind als eingeplant. Kinderwagen, Fahrräder, Hunde, alte Menschen – nicht jede/r springt noch während der Fahrt auf.

Speckenmeyers Forschungsidee wurde aus dem Alltag geboren. Als KVB-Nutzer kennt er die klaustrophobischen Anfälle, die der U-Bahn-Stau im Tunnel auslöst. „Da kam ich auf die Idee, dass man dieses Problem doch per Computer simulieren und rechnerisch lösen könnte“, erzählt Speckenmeyer. Vor zehn Jahren bereits begann er damit und entwickelte mit seinen Mitarbeitern ein Rechenmodell zur Fahrplan-Optimierung.

Dabei sind die Wissenschaftler vom KVB-Liniennetz und dem existierenden Fahrplan ausgegangen. Die Daten hat ihnen die KVB zur Verfügung gestellt. In die Computer eingespeist, werden sie in stundenlanger Rechenzeit optimiert. Dieser neue, verbesserte Fahrplan muss dann aber noch die Feuertaufe bestehen: die Simulation. Im Computer wird ein Betriebstag der KVB „nachgespielt“ – samt fahrenden Bahnen und Störungen. Werden dabei kritische Punkte sichtbar, wird neu gerechnet. Das Ziel ist ein „robuster“ Fahrplan, der nicht zusammenbricht, wenn mal eine Bahn Verspätung hat. Die Voraussetzung dafür ist aber, dass die zeitlichen Abstände, mit denen die Bahnen der verschiedenen Linien in eine Haltestelle einfahren, optimal sind. Für Speckenmeyer heißt das: „Der Abstand muss möglichst groß sein. Aber mehr als zwei Minuten kriegt man nicht hin.“

Die Ergebnisse der jahrelangen Forschungen präsentierten er und seine Mitarbeiter Anfang der Woche im Rahmen der Vortragsreihe „Universität im Rathaus“ der Öffentlichkeit. Auch KVB-Mitarbeiter saßen im Auditorium. Ihr Urteil: „Sehr interessant vom Ansatz her, von den Ergebnissen eher nicht.“ Die hat die KVB nämlich schon aus anderer Quelle gewonnen. Ein von ihr beauftragtes Ingenieurbüro hat parallel zu den Forschungen an der Uni ebenfalls Fahrplanuntersuchungen durchgeführt. „Die waren einfach schneller. Außerdem war die Datengrundlage differenzierter“, sagt Gunther Höhn von der KVB.

Das Ingenieurbüro geht davon aus, dass vor allem die unterschiedliche Störanfälligkeit der Bahnen für den optimalen Zeittakt bestimmend ist. Eine weniger störanfällige Bahn könne ohne Probleme in geringem zeitlichen Abstand vor einer anderen fahren. In den neuen Fahrplan fließen diese Erkenntnisse mit ein. „Dann werden am Neumarkt Züge auch mal mit einem Abstand von nur einer Minute einfahren“, erklärt Reinhard Schmitt-Berger, der bei der KVB zuständige Bereichsleiter.

Speckenmeyer scheint es indes nicht zu stören, dass die Ergebnisse seiner Forschung nur Theorie bleiben. Für ihn hat Priorität, „dass der Doktorand verwertbare Ergebnisse bekommt“. An einem fruchtbaren Joint-Venture scheinen weder KVB noch Universität interessiert zu sein.