Massenprotest ante portas

Gestern demonstrierten Studierende vor dem Abgeordnetenhaus, heute geht es drinnen um die Uni-Proteste. Für eine Großdemo am Samstag hofft ein neu gegründetes Bündnis auf 40.000 Teilnehmer

VON S. ALBERTI, B. BREITER
UND T. TRUPKE

Die Demonstrationen gegen Kürzungen an den Universitäten haben die Politik erreicht – sprichwörtlich. Rund 400 Studierende demonstrierten gestern vor dem Abgeordnetenhaus mit Sprechchören und Parolen wie „Wollt ihr studieren in Berlin? Streicht Wowereit und Sarrazin.“ Wegen des Bannkreises, der Schutzzone um das Parlament, drängten rund 200 Polizisten die Demonstranten zurück, kesselten gut 100 ein und nahmen Personalien auf. Ob sie eine Anzeige bekommen, war gestern Abend noch offen. Die Entscheidung trifft Parlamentsprädisdent Walter Momper (SPD). Für die heutige Plenarsitzung soll um das Abgeordnetenhaus Sicherheitsstufe 2 gelten – mit Absperrungen schon am Potsdamer Platz. Dabei würden weitere Proteste gut zum Programm passen: In der aktuellen Stunde sind die vom rot-roten Senat beschlossen Kürzungen an den Unis und die Studentenstreiks Thema.

Für Samstag ist eine Großdemo geplant. Gestern stellte das in der vergangenen Woche gegründete Berliner Bündnis gegen Bildungs- und Sozialabbau den Stand vor. Hinter dem Bündnis stehen rund 150 Vertreter von Organisationen und Initiativen, darunter die Berliner Studierenden, Schüler-, Jugend- und Sozialprojekte, die Blinden- und Behindertenorganisationen sowie die Mitgliedsgewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Am Samstag erwarten die Veranstalter 40.000 Teilnehmer – die Demonstration soll nur ein erster Schritt sein. Die AktivistInnen planen eine breite Mobilisierung, mit der die Rücknahme aller Kürzungen im Bildungs- und Sozialhaushalt erzwungen werden soll.

„Das ist ein Meilenstein bei der Gründung einer außerparlamentarischen Opposition“, sagte Michael Prütz vom Berliner Sozialforum. Er erwartet Samstag ein deutliches Signal an den Senat. Im nächsten Jahr werde weiter mobilisiert, bis die letzten Kürzungen vom Tisch seien.

Auch Katrin Lehmbecker forderte im Namen alle Berliner Fachschaftsräte ein gerechtes Steuersystem und den Ausbau der Investitionen für Bildung, Soziales und Kultur, da dies Investitionen in die Zukunft seien. „Wir hoffen auf ein gesellschaftliches Bündnis, um eine zukunftsfähige Politik zu entwickeln.“

Die Vernetzung verschiedener Gruppen, immer wieder eingefordert, gelingt nach Ansicht der Organisatoren: Prütz zeigte sich begeistert vom Bemühen der Studenten, andere soziale Gruppen einzubinden. „Die geben sich unglaublich viel Mühe, wir haben zweimal am Tag Kontakt mit den Streikräten der Humboldt und Freien Universität.“

Auch Heidi Jockel vom DGB ist voll des Lobes. Die Gewerkschaften seien vom Beginn des Streiks an in die Planungen der Studenten eingeweiht gewesen. Der DGB stelle den Streikenden Busse und Tonanlagen zur Verfügung. Positive Erfahrungen machten auch Christian Arndt und seine FU-Kommilitonen, die auf Arbeitsämtern für die große Demo am Samstag warben: „Es läuft sehr gut, wir kommen mit dem Drucken kaum nach.“

In den Vollversammlungen von HU und TU stimmten die Studenten gestern für die Verlängerung des Streiks. Die Humboldt-Universität wird bis zum 5. Januar weiter bestreikt, die TU-Studenten bleiben bis zum 7. Februar im Ausstand.