Aufgeblasene Ordnungskräfte

In Solingen dürfen Bedienstete des Ordnungsamtes Kaugummispucker und Müllablagerer in Gewahrsam nehmen. Kleine Vergehen werden härter verfolgt, die Polizei gibt Aufgaben ab

Uneinsichtige können von der Patrouille in Gewahrsam genommen werden

VON KARSTEN SCHUELE

Seit kurzem gibt es in Solingen eine neue Patrouille: So genannte Straßenermittler gehen im Namen des städtischen Ordnungsamtes auf Streife. Sie sollen Ordnungswidrigkeiten ahnden, damit die Polizei sich auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren könne.

„Bis vor etwa zehn Jahren war es an der Tagesordnung, dass Ordnungswidrigkeiten von der Polizei verfolgt wurden“, erklärt Rainer Wendt, NRW-Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft. In Zeiten knapper Kassen und schwacher Personalabdeckung habe man sich dann aber auf die ursprüngliche Aufgabenteilung zurückbesonnen. Seit diesem Zeitpunkt werden in immer mehr Kommunen Ordnungswidrigkeiten durch Ordnungsämter geahndet. Ein Auszug aus dem Bußgeldkatalog des Solinger Amtes macht deutlich, um welche Vergehen es sich dabei handelt: „Spucken auf Straßen und in Anlagen: 10 Euro“, „Wegwerfen von Kaugummis: 35 Euro“ sowie „Ablagern von Autoreifen: 80-200 Euro“.

Wenn Stephan Trunk, stellvertretender Leiter des Solinger Amtes, erzählt, hört sich das dann doch etwas anders an: „Unsere Hauptaufgabe ist die Gefahrenabwehr“, er verweist gleichzeitig auf das Ordnungsbehördengesetz. Ordnungskräften sei es in eingeschränktem Maße erlaubt, Polizeiaufgaben wahrzunehmen. Uneinsichtige könnten sogar in Gewahrsam genommen werden, wofür seine Leute auch mit Schlagstöcken und Handschellen ausgerüstet seien. Nur der Gebrauch von Schusswaffen sei ihnen untersagt. „Unsere Leute wurden in sicherem Auftreten und Selbstverteidigung geschult“, erklärt Trunk und unterstreicht: „Die Öffentlichkeit äußert sich überwiegend positiv.“ Um fehlendes Autoritätsbewusstsein einzufordern, wurde die Kleidung der Ordnungskräfte Polizeiuniformen nachempfunden. Dass das Autoritätsempfinden der Menschen erst entwickelt werden muss, glaubt auch Polizeigewerkschafter Wendt: „Am besten wäre es, landesweit einheitliche Uniformen einzuführen.“ Über die Ausbildung der Ordnungskräfte kann dagegen auch er nur Positives berichten. „Und in Fällen, in denen Gewalt angewendet werden muss, wird sowieso meist die Polizei zu Hilfe gerufen.“ Die sei auf solche Situationen schließlich auch besser vorbereitet.

Eine Mitarbeiterin der Bahnhofsmission hat eine andere Sicht, namentlich will sie lieber ungenannt bleiben: „Mit Bundesgrenzschutzbeamten haben wir ausschließlich gute Erfahrungen gemacht.“ Mit den Ordnungskräften vom Amt sei man allerdings weniger zufrieden. Obdachlose oder Drogenabhängige würden da schon mal etwas zu hart angepackt. „Sobald die eine Uniform anhaben, denken die doch, jetzt hätten sie was zu sagen.“