Kleiner, aber feiner

Grüner Volker Ratzmann will Vollzeitparlament. Jetzige Konstruktion hält er für „nicht konkurrenzfähig“

Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann spricht sich für ein kleineres, aber leistungsfähigeres Vollzeitparlament in Berlin aus. Derzeit arbeitet das Abgeordnetenhaus mit 141 Abgeordneten als Teilzeitparlament. Ratzmann hält diese Konstruktion „für nicht konkurrenzfähig“ mit Blick auf künftige neue Aufgaben. Ratzmann hält 75 bis 80 besser als jetzt bezahlte Vollparlamentarier für ausreichend. Er äußerte sich mit Blick auf Zuständigkeiten, die den Ländern nach Abschluss der Föderalismuskommission zukommen sollen. Am Freitag tagt deren zentrales Gremium, die erweiterte Obleuterunde, zu einem Eckpunktepapier zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung.

Ratzmann verwies darauf, dass bisherige Überlegungen zu einer neuen Struktur des Abgeordnetenhauses immer mit dem Argument einer 2009 anstehenden Länderfusion mit Brandenburg abgeblockt worden seien: Da dann ohnehin ein neues, gemeinsames Parlament entstehen sollte, lohne sich eine Reform nicht mehr. Nach dem Scheitern der Fusion fällt für Ratzmann dieses Argument weg.

Von einem Vollzeitparlament verspricht er sich auch, Berufsgruppen anzusprechen, deren Job sich nicht mit einem Teilzeitmandat vereinbaren lässt. Weil das Parlament kleiner wäre, würden auch höhere Diäten nicht zu Mehrkosten führen. Mit der Parlamentsstruktur könnte sich nach Ratzmanns Vorschlag die Enquetekommission befassen.

Der Präsident des Abgeordnetenhauses, Walter Momper, Chef einer Projektentwicklungsfirma und seit 1975 mit vier Jahren Unterbrechung Landesparlamentarier, lehnt den Vorstoß ab. Die Lebenserfahrung spreche für ein Halbtagsparlament, in das auch Eindrücke außerhalb der Politik einfließen, sagte Momper der taz. Auch die Zahl von 141 Abgeordneten hält er für angemessen, weil das Haus zugleich Länderparlament und Stadtverordnetenversammlung sei.

Zu den neuen Zuständigkeiten, die der Bund nach dem Eckpunktepapier an die Länder abgibt, gehören das Ladenschlussrecht und das Gaststättenrecht. Für noch wichtiger als diese neuen Aufgaben hält Ratzmann Strukturveränderungen. So soll das Besoldungs- und Versorgungsrecht für Landesbeamte in ausschließliche Länderkompetenz übergehen. Ratzmann kritisierte jedoch, dass ein erneuerter Grundgesetzartikel weiter von „Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“ spricht. Hier habe der Mut gefehlt, sich davon zu trennen. STEFAN ALBERTI