Merkel integriert eine Türkin

CDU-Chefin unterstützt Kandidatur von Emine Demirbüken für den Bundesvorstand. Die Berlinerin wäre das erste türkischstämmige Mitglied. Die größten Landesverbände begrüßen die Kandidatur

VON STEFAN ALBERTI

Die türkischstämmige CDU-Politikerin Emine Demirbüken geht mit Rückendeckung von Bundeschefin Angela Merkel und der beiden größten Landesverbände in die Wahl zum CDU-Bundesvorstand am Montag. Ihre Nominierung durch die Berliner Union geschehe mit „Unterstützung und Billigung von Merkel“, hieß es aus Kreisen der CDU-Bundesspitze gegenüber der taz. Das deckt sich mit Angaben von Landeschef Joachim Zeller. Die Landesverbände Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, die ihre Kandidatur begrüßen, stellen fast die Hälfte der Delegierten beim Parteitag in Düsseldorf. Demirbüken wäre die erste Türkischstämmige in der CDU-Führung.

Die Berliner Union hatte ihr 43-jähriges Landesvorstandsmitglied mit großer Mehrheit am 19. November für einen der 26 Beisitzerposten nominiert. Um Demirbüken in Düsseldorf unter derzeit 29 Konkurrentinnen und Konkurrenten durchzusetzen, ist Berlin – das nur 25 der über 1.000 Delegierten stellt – auf Unterstützung anderer Landesverbände angewiesen. Die kommt selbst für Schwergewichte nicht immer zustande: So scheiterte in den 90ern der damalige Berliner Fraktionschef Klaus Landowsky.

Demirbüken hatte vor sieben Wochen für Aufsehen gesorgt, als sie sich immens gegen die damals in der Union diskutierte Unterschriftenaktion gegen einen EU-Beitritt der Türkei wandte. Das sei „Gift für die Integration der hier lebenden Türken“, kritisierte Demirbüken, beruflich Integrationsbeauftragte von Tempelhof-Schöneberg. Innerparteiliche Gegner der Kandidatur argumentierten später, diese Haltung schmälere ihre Wahlchancen. Ein Merkel-Sprecher widersprach gestern dieser Sicht: Die Unterschriftenaktion sei doch ein eher kurzlebiger Gedanke gewesen, die Ablehnung habe sich als richtig erwiesen.

Bei einer taz-Umfrage unter den großen Landesverbänden war das Echo pro Demirbüken. „Wir stehen dem positiv gegenüber und unterstützen das“, äußerte sich die CDU Niedersachsen. „Eine gute Sache“, kommentierte eine Sprecherin des Landesverbands Nordrhein-Westfalen die Kandidatur.

Auch die CDU Rheinland-Pfalz, der viertgrößte Landesverband, gibt sich offen. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir sie nicht unterstützen“, sagte Sprecher Thomas Bippes. Falls die Entscheidung sich allein am Migrationshintergrund orientiert, könnte Demirbüken noch Konkurrenz aus Rheinland-Pfalz erwachsen. Laut Bippes denkt ein gebürtiger Iraner, früher Landesvorstandsmitglied, noch über eine Kandidatur nach.

Zurückhaltend äußerte sich hingegen die CDU Baden-Württemberg, der drittgrößte Landesverband: Sie will sich erst unmittelbar vor dem Parteitag festlegen. So äußerte sich auch die Nr. 5, die CDU Hessen.

Berlins Landeschef Zeller will Zustimmung von mehreren Landeschefs und Generalsekretären und von Merkel gehört haben. Er mag Demirbükens Kandidatur nicht auf den Punkt Migration konzentrieren. „Ich schlage sie nicht vor, weil sie in der Türkei geboren oder eine Frau ist – das sollte gar keine Frage mehr sein – sondern weil sie hervorragende Arbeit macht. Hier geht es nicht um eine Doppelquote.“ Zeller bestreitet aber nicht, dass es ein Signal wäre, wenn eine Türkischstämmige in die CDU-Spitze rückt. „Wir müssen da nicht stromlinienförmige Typen präsentieren“, sagt er zu Vorbehalten, sie decke nicht das Spektrum der Union ab.

Demirbüken war 2001 am Widerstand ihrer örtlichen Parteifreunde bei dem Versuch gescheitert, in Neukölln für das Abgeordnetenhaus zu kandidieren. Sie trat schließlich in Reinickendorf an, ihr Listenplatz reichte aber nicht für ein Mandat.