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Fett im Limousinenpolster

Ein „Royal Tenenbaum“ auf Ritalin: Mark Ronson ist der Lieblings-DJ der Society-Szene in New York. Nun hat er ein Debütalbum produziert, auf dem sich prominente Gäste aus Rap und Rock tummeln

VON HENNING KOBER

Achtung: Diese Geschichte ist ein süßes Lutschbonbon voller Name-Droppings. Denn die Hauptperson Mark Ronson ist das Produkt des Einflusses von Andy Warhol, Mick Jagger, P. Diddy und weiteren illustren Personen des London–New-York-Concorde-Jet-Sets.

Doch erst mal langsam. Zunächst hat Mark Ronson, 28, wohnhaft in Manhattan ein Album produziert, das nun auch in Deutschland erscheint. Es heißt „Here Comes The Fuzz“ (Elektra/ eastwest), und führt Künstler wie die Rap-Stars Sean Paul, Mos Def und Nate Dogg oder Jack White, den Frontmann der White Stripes, Rivers Cumo von Weezer sowie die Sängerin Nikka Costa auf der Gästeliste. Ungewöhnlich für ein Debütalbum. Und entsprechend das Ergebnis. Ronson kocht Rap-Zeilen mit Rock-Geschrei und Synthesizer auf und legt das HipHop-Dance-Album der Saison vor.

Viel interessanter aber ist, wie es zu diesem Werk kommen konnte. Geboren wird Mark Ronson in London. Seine Eltern wohnen in der Circus Road. Ihr Haus ist berüchtigt für die wilden Partys, die darin gefeiert werden. „Vor kurzem traf ich Robin Williams wieder und erzählte ihm, wie er mich als kleiner Junge ins Bett brachte. Er erinnerte sich an mich. Und das ist fast unglaublich, denkt man an all die Drogen, die es damals gab“, erzählt Ronson. Direkt nebenan wohnen die McCartneys, mit Tochter Stella ist er seit Kindertagen befreundet. Auch Liv Tyler und Sean Lennon kennt er aus der gemeinsam besuchten Privatschule. Keith Moon, der Drummer von The Who, bringt dem zweijährigen Mark Schlagzeugspielen bei. Mick Jagger singt ihn in den Schlaf. Andy Warhol stellt seine Kinderzeichnungen aus.

Als er acht ist, lassen sich seine Eltern scheiden, die Mutter nimmt die Kinder nach New York. Ann Dexter-Jones, wie sie heute heißt, macht sich in Manhattan einen Namen als Gastgeberin für ausufernde Society-Cocktailpartys. Sie selbst nennt sich in Interviews gern „Rock Wife“ und kreuzt ihre Familie so geschickt mit prominenten Zeitgenossen, dass die Ronsons heute als eine der einflussreichsten Familien Manhattans gelten. Die jüngeren Zwillingsschwestern tun ihr Eigenes dazu: Charlotte ist erfolgreiche Designerin, Samantha legt ebenfalls Platten auf. „The Royal Tennenbaums auf Ritalin“ wird die Familie in Vanity Fair genannt.

Was also macht ein Junge wie Mark Ronson, der mit einer überdrehten Mutter und zwei nicht weniger verrückten jüngeren Schwestern im Society-New-York aufwächst und die ganze Zeit umgeben ist von Hysterie, Champagner und verdrogten Musikern, Models und Sternchen? Er distanziert sich. Lässt die braunen Haare brav schneiden, trägt typisch amerikanischen Weiße-Jungen-Style, Baggy-Hosen, Sneakers, keine Tätowierungen, Piercings oder andere Extremitäten. Sagt Sätze wie diesen: „Es ist nicht so, dass wir die Kennedys wären“. Das klingt zunächst arrogant, spricht aber nur aus dem Mund eines Jungen, der versucht, eine Coverstory im New York-Magazine über „The Ronsons“ zu relativieren. Und er arbeitet. Mit 14 macht er ein Praktikum beim Rolling Stone, mit 16 unterzeichnet er mit Polygram einen Vertrag als Songwriter für eine inzwischen vergessene Rockband und fängt an, Platten aufzulegen. Wie tausende von Jungs auf der ganzen Welt.

Doch Mark Ronson wird bald der persöhnliche DJ von Puff Daddy. Er legt bei dessen legendären Geburtstagspartys auf, wo Jennifer Lopez’ Po direkt vor seinem DJ-Pult wackelt, und ist clever genug, sich nicht als Diddys Personal-DJ-Slave ins weiche Streichlimousinen-Polster drücken zu lassen. Donna Karan, Hugo Boss, Sisley, Helmut Lang, alle buchen ihn als DJ. Dann sitzen Ivanka Trump, Alexandra von Furstenberg und natürlich die stolze Ronson-Mutter im VIP- Room, und am nächsten Tag steht in allen Zeitungen, wie rauschend und glamourös das Fest doch war. Auch auf den Parties von Henry Kissinger, Donald Trump oder den Miramax-Besitzer Harvey und Bob Weinstein legt er auf. Sein Stundensatz: 1.000 Dollar. Tommy Hillfiger ist so begeistert von Ronson, dass er ihm eine eigene Bekleidungslinie widmet.

Tatsächlich verfügt Ronson über etwas Einzigartiges. Kaum eine andere Person wurde seit frühester Kindheit so konsequent mit Popkultur eingedeckt wie er. Dazu keine Drogen oder andere Skandalgeschichten, das verspricht eine produktive Zukunft. Man weiß, dass er kürzlich die Biografie von Produzenten-Tycoon David Geffen gelesen hat und in ihm sein Vorbild sieht.

Nur mit Prince gab es Ärger. Der kam überraschend in den New Yorker Club „Chaos“, wo Ronson auflegt, und regte sich schrecklich auf, als Mark ein Stevie-Wonder-Bootleg spielte. Denn Prince sieht sich als engagierter Vorkämpfer gegen Bootlegs. „Prince ist eines meiner großen Vorbilder. Auf einmal stand er an meinem DJ-Pult, er trug ein enges Jackett, darunter nichts außer seiner haarigen Brust, und suchte in seinem Palm nach der Privatnummer von Stevie. Er war wirklich wütend“, erzählt Ronson später. Aber Mark, als wohlerzogener Junge, händigte Prince artig die Platte aus. Die beiden unterhielten sich gut, und seitdem besitzt Mark Ronson eine neue Nummer in seinem Adressbuch.

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