Ein Preis für „Mister Wind“

Der Europäische Solarpreis bringt Aloys Wobben mal wieder Unannehmlichkeiten: Er muss im Rampenlicht stehen

Die Wochenzeitung Die Zeit nannte ihn einst den Bill Gates von Ostfriesland: Aloys Wobben hasst solche Vergleiche. Denn tatsächlich hat er mit dem Microsoft-Gründer nur zwei Dinge gemein: aus einer spinnerten Idee einen florierenden Wirtschaftszweig zu machen und den ersten Firmensitz – eine angemietete Garage. Das war in den frühen Achtzigerjahren. Windkraftanlagen galten als nette Spielerei ökofixierter Technikfreaks. Wobbens erstes Windrad ging 1983 ans Netz – mit einer bescheidenen Leistung von 22 Kilowatt. Hauptsächlich baute der Elektrotechniker in der Garage jedoch Wechselrichter – um Geld für seine Windradentwicklung zu haben.

Dies ist längst Geschichte. Heute steht der Emsländer einem Weltkonzern mit mehr als 6.000 Mitarbeitern vor: Enercon dominiert den deutschen und damit weltweit größten Windradmarkt. Nicht nur das: Dank Wobbens engagierter Tüftelei ist Enercon auch Technologieführer. Seine getriebelosen Anlagen wurden zum Markenzeichen des Unternehmens: Wer unter einer Enercon-Anlage steht, hört oft nur noch den Luftzug. Für sein Engagement wurde „Mister Wind“ gestern in Berlin der Europäische Solarpreis verliehen.

Im Grunde ist Aloys Wobben ein Tüftler geblieben. Nicht selten kann man den 53-Jährigen sonntags allein in der Werkhalle antreffen, schraubend. Diesmal nicht an Neuerungen für Windkrafttechnik. Diesmal schraubt Wobben an einem Wasserreinigungssystem für die dritte Welt. Wobben ist kein Mensch, der sich auf Erfolg ausruhen kann. Offenbar kann er nicht anders: Er versucht, seine Geschichte zu wiederholen – einer Idee zum Durchbruch zu verhelfen.

Dass der Tüftler dennoch wirtschaftlichen Erfolg hat, liegt an der seltenen Fähigkeit, sich mit Leuten zu umgeben, die wirtschaften können – und ihrem Rat auch zu folgen. In Zahlen gesprochen: 7.477 Windkraftanlagen hat Enercon bis heute weltweit errichtet, 5.189 davon stehen in Deutschland. Rund um den Globus laufen 6.700 Megawatt aus dem Hause Enercon – „Energie für die Welt“ heißt ein Firmen-Slogan.

Wobben ist ein öffentlichkeitsscheuer Mensch. Das ist für die Windkraftbranche durchaus ein Problem. Wie kaum eine andere ist sie von der politischen Stimmungslage abhängig – zumindest solange, bis sie Strom wettbewerbsfähig produzieren kann. Aloys Wobben, das Gesicht der Erfolgsstory Windenergie, hält sich aber lieber aus der Politik raus. Dass er ein Rhetoriker sei, sagt ihm niemand nach. Als er gebeten wurde, auf der diesjährigen Weltkonferenz für erneuerbare Energien „renewable“ um einen Redebeitrag zu halten, sträubte er sich erst, um dann schließlich technische Details zu referieren, statt sich mit Politik zu befassen.

Als Tüftler muss man ja auch nicht am Rednerpult brillieren: Während die Konkurrenz bei der Offshore-Technik schon kräftig tönt, hält sich Wobben zurück. Um am Ende wieder vorne zu sein. BERNWARD JANZING
NICK REIMER