Nachlässige Talentpflege

Hamburger SV schlägt den SC Freiburg mit 4:1 und lässt dennoch genug Fragen für die zweite Halbserie offen. Die HSV-Offiziellen glauben immerhin daran, alles richtig gemacht zu haben und schauen schon wieder eifrig nach oben

aus HamburgJÖRG FEYER

Am Ende des letzten HSV-Heimspiels in diesem Jahr stand vor 43.392 Besuchern ein Ergebnis, das eine klare Sprache zu sprechen scheint. 4:1. Noch Fragen? Die gab es auf dem Platz durchaus, zumindest jene 15 Minuten lang, da die Gäste aus Freiburg, so ihr Trainer Volker Finke, „wieder im Rennen waren“. Und das einer ersten Halbzeit zum Trotz, an deren Ende eine für sein Team noch schmeichelhafte 2:0-Führung der munter aufspielenden Gastgeber stand.

Dankbar hatte insbesondere Sergej Barbarez die Räume genutzt, die ein überfordertes Mittelfeld und eine indisponierte Abwehrreihe der Breisgauer produzierten. Da konnte dann sogar Stephan Kling, HSV-Defensivkraft aus der zweiten Reihe, gleich zwei Mal als Torvorbereiter auftrumpfen. Schon in der 8. Minute vollendete Bastian Reinhardt per Kopf, nur gut zehn Minuten später staubte Barbarez am Fünfmeterraum ab.

Doch dann kam doch noch die nächste Folge der populären HSV-Serie „nachlässige Talentpflege und ihre Folgen“ zur Aufführung. Vor zwei Wochen erst traf das Pagelsdorf-„Opfer“ Fabian Ernst in Diensten des SV Werder Bremen gegen seinen Ex-Arbeitgeber. Diesmal war es der von Kurt Jara ausgemusterte Roda Antar, der in der 50. Minute den Anschlusstreffer einschob.

Bis auf die Tribüne hinauf war nun die Verunsicherung des HSV zu spüren, während Freiburg zunehmend sicherer, aber noch nicht zwingend genug kombinierte. „Und dann“, so der enttäuschte Finke, „sind wir durch dieses saublöde Tor wieder aus dem Rennen gegangen.“ Freistoß Mahdavikia, Kopfball Maltritz, der in der 66. Minute so frei hochsteigen konnte wie sonst wohl nicht mal im Training. 3:1.

Es spricht für Freiburg, dass sie danach weiter versuchten, ansehnlichen Fußball zu spielen. Bis zum Endstand durch Christian Rahn (87.). Und wie sie dann den vorzeitigen K.o. verarbeiteten. Zlatan Bajramovic tat es „sehr leid für die Mannschaft, dass ich da gepennt habe und nicht mitgegangen bin“. Keeper Richard Golz hingegen mochte die eindeutigen Fauxpas in seiner Abwehr öffentlich „nicht verbindlich“ zuordnen. Und zu guter Letzt nahm Finke alles „auf meine Kappe, weil ich Coulibaly und Zlatan habe spielen lassen, obwohl sie noch angeschlagen waren“.

Beim HSV – jetzt als Zehnter einen Punkt hinter Freiburg platziert – schlug man nach dem Sieg schon wieder ganz andere Töne an, die in die obere Tabellenhälfte weisen. „Mutiger“ spiele die Mannschaft unter Trainer Klaus Toppmöller, konstatierte Sportchef Dietmar Beiersdorfer und forderte „noch mal alles reinzulegen“ ins Halbserienfinale morgen bei Eintracht Frankfurt.

Toppmöller selbst sprach von einer „stolzen Bilanz seit meinem Amtsantritt“ und gab seinem Kollegen ob der Qualitäten der Freiburger sogar gönnerhaft mit auf den langen Heimweg: „Ich kann Volker schon heute versprechen, dass sie auch wieder Auswärtsspiele gewinnen werden.“

Ein schwacher Trost für 800 Kilometer.