„So open ist der Space auch nicht mehr!“

Keine schnittige Diskussion: Trotz Kulturkürzungen, vieler Stühle und vieler Redner, findet das Podium zu 100 Tagen Schwankhalle nur kaum Zuhörer. Und auch die Ergebnisse bleiben Mangelware – weil Reibungspunkte zwischen Freier Szene und Kulturverwaltung nur zart touchiert werden

Die Podiumsdiskussion anlässlich der ersten 100 Tage Schwankhalle hätte eine Chance zur wirklichen Auseinandersetzung sein können. Gerade in Anbetracht der Diskussion um die Einschnitte bei den Zuschüssen im kulturellen Sektor und der drohenden Schließung von Einrichtungen. Neue Fördermodelle hätten besprochen und weiterentwickelt werden können. Hätten. Nur wahrgenommen wurde diese Möglichkeit nicht.

Die Situation: Die Kulturdeputation unterstützt die Pläne von Senator Hartmut Perschau (CDU). Die (taz vom 13.12.) sehen eine Kürzung von einem Prozent der Fördermittel für Bremens Kultureinrichtungen vor. Parteipolitische Mauscheleien? Zudem erhalten Waldau- und Schnürschuhtheater ab dem nächstmöglichen Zeitpunkt keine Fördermittel mehr. Auch das KITO wird nicht überleben können. Die Verlierer der Profilierung betupfen ihre Wunden fernab der Schwankhalle – und vergeben damit eine Chance zur öffentlichen Kontroverse.

Aus organisatorischen Gründen wurde die zweiteilig geplante Podiumsdiskussion auf ein Event zusammengeschnitten – ohne die Anzahl der geladenen Gäste zu verringern. Anwesend waren: Stefan Berthold (Kontorhaus) und Ulrich Fuchs (Kulturhauptstadt 2010), Ute Falkenstein (Cosmosfactory) und Michael Hartung (MiB), Hans-Dieter Heimendahl (Radio Bremen) und Marcel Pouplier (Quartier e.V.), Klaus Schumacher (moks) und Reinhard Strömer, Margrit Hohlfeld (Senator für Kultur) und… Haben wir noch jemanden vergessen? Ach ja. Heidemarie Härtel (Tanzfilminstitut) war auch da. Moderator Otmar Willi Weber behandelte sie nach eigenem Bekenntnis zu „stiefmütterlich“. Sie ging dann früher.

In der Schwankhalle herrscht weiter Aufbruchstimmung. Die ersten hundert Tage sind überstanden, viele Ideen warten noch auf ihre Realisierung. „Wenn die Freie Szene von Kürzungen weitgehend ausgenommen ist, kann der Pierwoß auch mal ein Prozent hinnehmen?“, fragt Moderator Weber in Richtung Reinhard Strömer. So setzt man den Leiter der Kulturabteilung jedenfalls nicht unter Rechtfertigungsdruck.

Ein überfülltes Podium sorgt für mangelhafte Diskussionsfreudigkeit. Die Freie Szene und Kulturverwaltung an einem Tisch – das heißt im Normalfall Reibungspunkte en masse. Doch werden die nur am Rande zart touchiert. Weh getan hat es niemandem, vorangebracht aber auch nicht.

Zwar stellte Hans-Dieter Heimendahl, stellvertretender Programmdirektor von Radio Bremen, eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Schwankhalle in Aussicht. Zwischen den einzelnen Projekten der Freien Szene herrscht aber dezente Gesprächs-Zurückhaltung. Man kennt sich, scheint es aber nicht gewohnt, viel miteinander zu reden.

„So open ist der Space auch nicht“, nimmt Ulrich Fuchs vom Projektbüro Kulturhauptstadt dann doch Stellung zu den angekündigten Einschnitten. „Wir handeln nicht nach dem Prinzip Gießkanne.“ Das wirkt wie ein Schulterschluss: Solche Bekenntnisse hätte man seitens der Kulturverwaltung erwarten dürfen. Immerhin nutzt Strömer die Gelegenheit, um für Qualität als Förderkriterium einzutreten. Doch was heißt Qualität? Das lässt er recht offen: Qualität sei für ihn „das, was mich überfordert“. Bleibt die Frage, ob die zuständigen Sachbearbeiter daraufhin jene Anträge bevorzugt bewilligen, die sie nicht verstehen. Dirk Strobel/bes