Ab nach Bremen. Ab auf die Insel

Ein kleines Eiland und ein von Meerwasser durchfluteter Graben auf der westlichen Seite der Antarktischen Halbinsel tragen Bremens Namen

Vom Bundesamt penibel geprüft: die Insel gibt es, es ist tatsächlich eine Insel

Bremeninsel taz ■ Expeditionsleiter Henryk Wolski dürfte sich die Augen gerieben haben. Runter vom Kreuzfahrtschiff MS Bremen, raus aus dem beheizten Salon, rein in die wackeligen Schlauchboote – so hatte der Ausflug begonnen, irgendwo zwischen den Melchior Inseln, auf der westlichen Seite der Antarktischen Halbinsel, am anderen Ende der Welt. Die Außenborder tuckern, Wolski hat das Ruder in der Hand und eine Schar Kamera-bewaffneter Antarktis-Touristen im Boot, der Kurs: ein Gletscher-Fjord von Omega Island. Eine lang gezogene Bucht, wird Wolski gedacht haben. Das hatten die Karten prophezeit. Die Karten trogen.

Die vermeintliche Bucht nahm kein Ende. Dort, wo Land sein sollte, war weiterhin nur Wasser. Links reckte sich Omega Island in die Höhe. Rechts reckte sich Omega Island in die Höhe. Oder das, was man bisher dafür gehalten hatte.

Denn die Bucht war keine Bucht, sie war ein Kanal. Weswegen die Insel rechts nicht dieselbe wie die links sein konnte. Die Reederei gab sich keine allzu große Mühe: Sie schlug den Namen ihres Schiffes vor. Am Dienstag nimmt Bürgermeister Henning Scherf (SPD) die Taufplakette entgegen.

„Bremeninsel“ ist nur einen Quadratkilometer groß, „Bremenkanal“ gut 1.000 Meter lang. Mit 50 Metern ragt das Eiland fast viermal so weit über den Meeresspiegel hinaus wie seine Namensgeberstadt im nördlichen Niedersachsen. Die große Koalition aus Schnee und Eis, die Bremeninsel regiert, bedeckt 95 Prozent der Fläche. Der Schuldenstand ist seit Jahren unverändert und lässt sich exakt beziffern: null Komma null Euro.

Die amtliche Namensprüfung haben Insel und Kanal schon hinter sich. Der Ständige Ausschuss für geographische Namen (StAGN), angesiedelt beim Bundesamt für Kartographie und Geodäsie, hat die Angaben überprüft: die Insel gibt es, es ist tatsächlich eine Insel, ihre Position: 64 Grad 19,3 Minuten südliche Breite, 62 Grad 56 Minuten eine Sekunde westliche Länge. Auch für die „Entstehung“ des Eilands hat Ausschuss-Vorsitzender Jörn Sievers eine Erklärung: Ein beide Nachbarinseln verbindender Gletscher sei zusammengebrochen, sagt er, mutmaßliche Ursache: der Treibhauseffekt. Sievers unterstreicht: „Ein Kanal ist entdeckt worden, nicht eine Insel.“

Was den Neuigkeitswert nicht unbedingt schmälert. Immerhin hat sich die namentliche Präsenz der Hansestadt, die in der Antarktis bisher allein vom „Bremer Pass“ aufrecht erhalten wurde, auf einen Schlag verdreifacht. „Bremeninsel“ und „Bremenkanal“, anerkannt seit dem 11. Juni 2004, sind zudem erst die dritte und vierte international akzeptierte deutsche Namensanmeldung in der Antarktis in diesem Jahrtausend – nach dem „Weimarer Eishöcker“ (21. Juni 2002) und dem „Weigelnunatak“ (25. September 2000).

Das „Ayekliff“ etwa, obwohl 200 Meter hoch, hat da deutlich größere Probleme. Angemeldet wurde es zeitgleich mit dem Bremer Insel-Kanal-Duo. Sein Namensstatus immer noch: „schwebend“. sim