der wochenendkrimi: Delikat
„Tatort: Eine Leiche zu viel“, So 20.15 ARD
In keinem anderen Krimi wird mit solcher Liebe obduziert. Ob verkohlt oder verstümmelt – Professor Boerne (Jan-Josef Liefers) entlockt den leblosen Körpern im zärtlichen Tête-à-tête manches Geheimnis. Für den Gerichtsmediziner gilt, dass Schönheit nicht vergänglich ist, solange sie in Formaldehyd eingelegt ist. In diesem Tatort (Regie: Kaspar Heidelbach, Buch: Dorothee Schön, Georg Schott) wird seine professionelle Leichenliebe auf eine harte Probe gestellt. Denn in der Anatomie findet sich der Korpus einer Frau an, die zuvor eben hier gearbeitet hat. „Eine schöne Frau“, seufzt er – und man weiß nicht, ob er das in Erinnerung an die Tote sagt, oder ob er ihre perfekt präparierte Leiche auf dem Seziertisch meint. Im Folgenden darf der Schöngeist philosophierend und weinglasschwenkend den grantigen Thiel (Axel Prahl), der den Mörder sucht, durch die wunderbare Welt der Forensik führen. Schwächen im Plot nimmt man bei so viel delikat inszenierter Nekrophilie gerne in Kauf. CHRISTIAN BUSS
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