Danke, Henning!
: Berliner Heißwasserorgie

Es ist vollbracht. Zwar nur mit Hängen und Würgen und mit Hilfe der Alpha-Tiere im politischen Berlin, aber immerhin. Der Vermittlungsausschuss hat sich geeinigt, und Deutschland freut sich. Ein bisschen. Ganz besonders darf sich das kleinste Bundesland freuen, also Bremen. Unser Regierungschef, der Bürgermeister Henning Scherf (SPD), hat nämlich den Verhandlungspoker geleitet. Mit Charme, Fischsuppe aus der Bremer Landesvertretung und kübelweise heißem Wasser – seinem Leib- und Magengetränk – kochte Scherf die hartleibigen Merkels, Stoibers und Münteferings gnadenlos weich. Wer schließlich jahrelang Bernd Neumann umarmt hat, der ist auch abgehärtet genug, um einen Mann wie Roland Koch ans Herz zu drücken.

„Wir schaffen das“, predigte Scherf gebetsmühlenartig Zuversicht, sobald ihm eine Fernsehkamera im Weg stand. Bezeichnend auch die Szene, als die Journalisten Außenminister Joschka Fischer erwarteten, um dessen Statement zur Verhaftung Saddam Husseins zu lauschen. Statt des grantigen Diplomaten erschien jedoch ein blendend aufgelegter Scherf im eleganten dunklen Mantel vor den Mikrofonen und witzelte über das Berliner Wetter: „Das ist hier ein richtiger Bremer Regen.“ Haha.

Scherfs Knuddel-Inszenierung verfehlte ihr Ziel nicht: Die Süddeutsche Zeitung etwa widmete dem „Brückenbauer im Raum 1128“ eine sehr lange Eloge, die in rührender Liebeslyrik gipfelte: „Er lächelt sein Scherf-Lächeln / alle Zähne gebleckt / die Augen hinter den runden Brillengläsern / lustig funkelnd“. Politische Fragen wiegelte der Bremer ab und erzählte anstatt von Hartz IV lieber von seinen Enkeln oder, das wiederum kolportiert der Spiegel, über Herbert Burdenski, der einst bei Schalke 04 Verteidiger war. Er sei ja nur dafür zuständig, dass die Stimmung stimme, knipste Scherf sein niedlichstes Opi-Lächeln an und spie die immer gleichen Textbausteine aus: Es gebe zwar noch erhebliche Differenzen, aber eine Annäherung sei spürbar.

Natürlich wurde unser Bremer Gute-Laune-Bär auch in das deutsche Nebenparlament „Sabine Christiansen“ zugeschaltet. Und sogleich strahlte Scherf und sagte, er sei optimistisch und man werde das schon schaffen. Das Studiopublikum bei „Christiansen“ lächelte versonnen und man konnte in einem bärtigen Studienratsgesicht Lippen erkennen, die sich zu dem Satz „Der Scherf, das ist schon ein toller Typ“ formten. Alle haben Henning lieb. Und gewiss lag es nicht an ihm, wenn nur Halbgares herauskam im Vermittlungsausschuss. Der Mann moderierte, lächelte, strahlte: Im Grunde ist Henning Scherf die Sabine Christiansen der deutschen Politik. Und lange Beine hat er auch. jox