Der Union in Baden-Württemberg droht neuer Ärger

Urwahlsieger Oettinger gibt sich konziliant gegenüber seiner Konkurrentin Schavan. Aber über eine rasche Verdrängung von Noch-Ministerpräsident Teufel wird schon spekuliert

STUTTGART taz ■ So sehen Gewinner aus. Günther Oettinger kam am Montagabend lange vor der Bekanntgabe seines Sieges gegen Annette Schavan in die Lobby des baden-württembergischen Landtags. Kokett wehrte er Glückwünsche und eine Stellungnahme zum noch nicht offiziell verkündeten, aber längst bekannten Ergebnis ab: „Ich kenn’s noch gar nicht.“

Dann hatte er nicht mehr viel zu sagen, badete aber gerne in der Menge der Vorabgratulanten und zeigte leutseliges Dauerlächeln. Ministerpräsident Erwin Teufel trat gegen 21.45 Uhr mit beiden Kandidaten vor die Kameras und fasste sich zum Ergebnis der Mitgliederbefragung kurz. Von den 79.213 CDU-Mitgliedern hatten sich 55.963 (70,6 Prozent) an der Briefwahl beteiligt. Für den Vorsitzenden der Landtagsfraktion stimmten 32.350 (60,6 Prozent), für Kultusministerin Schavan 21.047 (39,4 Prozent).

Alle drei betonten den Motivationsschub, den das Quorum in den letzten Wochen an der Basis bewirkt habe, und artikulierten damit indirekt, dass der selbstzerfleischende Nachfolgestreit um das Ministerpräsidentenamt damit ein Ende haben solle. Teufel, der Schavan gegen den hausmachtstarken Oettinger favorisiert hatte, blieb auch da knapp. Er wünsche, dass die Partei ab sofort geschlossen hinter dem neuen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2006 stehe: „Ich werde dazu beitragen.“

Oettinger bekundete seiner „Mitbewerberin“ seinen „vollen Respekt“. Der Kampf mit Schavan sei „sportlich und fair“ gewesen. Er gab sich generös: „Ich sage ihr die weitere Zusammenarbeit für die nächsten Jahre in Baden-Württemberg zu.“

Zuerst muss der CDU-Sonderparteitag am 11. Dezember das Ergebnis der Mitgliederbefragung bestätigen. Nach dem Rücktritt von Erwin Teufel am 19. April soll Oettinger dann von der CDU-FDP-Koalition ins Amt gewählt und am 21. April vereidigt werden. Im Frühjahr 2006 wählt der Südwesten seinen neuen Landtag.

Zahlreiche CDUler betonten, dass das Wahlergebnis keine neuen Gräben aufgerissen und alte geglättet habe. Oettinger bleibt trotz dieser unisono versöhnlichen Töne das Image des Königsmörders. Die Spitzenkandidatin der SPD, Ute Vogt, formulierte gestern als Erste genüsslich, dass die internen Probleme für Ministerpräsident Erwin Teufel mit seinem ungeliebten Nachfolger im Nacken für die kommenden fünf Monate längst nicht ausgestanden seien. Oettinger habe ihn „gemeuchelt“, Teufel regiere längst gegen die Landtagsfraktion und habe „nichts zu sagen“. Sie forderte einen sofortigen Wechsel, weil sonst „ein Machtvakuum“ entstehen werde, „das dem Land nicht gut tut“. Sie spielte damit auch auf das millionenschwere Forschungsförderprogramm an, das Erwin Teufel trotz des strapazierten Landeshaushaltes vor seinem Abschied noch durchdrücken will. Dagegen regt sich innerhalb der Fraktion Widerstand. Gegner vermuten, dass der Ministerpräsident gedrängt werden könnte, sein Amt doch schon vor dem Stichtag 19. April aufzugeben. HEIDE PLATEN