Viel Arbeiterprotest und ein bisschen Randale zum 1. Mai

TAG DER ARBEIT Weltweit wird gegen die Folgen der Wirtschaftskrise demonstriert – zumeist friedlich

PARIS/ISTANBUL/MOSKAU taz/afp | Die Feiern zum 1. Mai sind in mehreren Städten in Gewalt ausgeartet. In Istanbul wurden 68 Demonstranten festgenommen und 11 Polizisten verletzt, in Russland kam es zu mehreren hundert Festnahmen. Insgesamt blieben die meisten Kundgebungen friedlich. Hauptthemen waren die Weltwirtschaftskrise und der Protest gegen Jobabbau und Hilfen für Banker.

In der Türkei war der 1. Mai in diesem Jahr erstmals seit dem Militärputsch 1980 offiziell wieder zum Feiertag erklärt worden. Dem linken Gewerkschaftsbund Disk gelang es, mit 5.000 Mitgliedern und roten Fahnen auf den zentralen Taksim-Platz zu gehen, der für Gewerkschaften seit 31 Jahren gesperrt ist – ein symbolischer Akt, den Millionen am Bildschirm mitverfolgten. Mit Tränen in den Augen gedachten die Arbeitervertreter vor Ort der Opfer der letzten Kundgebung 1977, als 36 Menschen erschossen worden waren. Disk-Chef Süleyman Celebi sagte, das sei ein Durchbruch für die Arbeiterbewegung der Türkei: „Im nächsten Jahr wollen wir mit Hunderttausenden hier sein.“

In Russland gingen landesweit drei Millionen Menschen auf die Straße, um „Arbeit“, „Lohn“ und „ein menschenwürdiges Leben“ zu fordern. Am Rande der Demonstration, deren Veranstalter von Anarchisten über Garri Kasparows „Bürgerunion“ bis zu Rechtsextremisten reichten, wurden in Moskau und St. Petersburg 200 Personen vorübergehend festgenommen, unter ihnen Anarchisten und Antifaschisten, aber auch Vertreter der fremdenfeindlichen „Bewegung gegen illegale Migration“.

In Griechenland kam es zu Zusammenstößen zwischen 6.000 linksradikalen Demonstranten und 4.000 Polizisten in Athen. Die Polizei feuerte Tränengas auf eine Menschenmenge an der Hochschule. In Italien fand die zentrale Gewerkschaftskundgebung im erdbebenzerstörten L’Aquila statt und blieb eher klein. In Frankreich organisierten die Gewerkschaften erstmals gemeinsam landesweit 280 Demonstrationen, an denen sich erstmals seit 2002 auch die oppositionellen Sozialisten beteiligten. Nach ersten Berichten gingen unter Parolen wie „Sarkozy, erinnere dich an 1789!“ bedeutend mehr Menschen auf die Straße als in den letzten Jahren, aber weniger als beim letzten nationalen Protesttag am 19. März. In Mexiko wurden wegen der neuen Grippe alle Demonstrationen abgesagt. DZ, BC