Saddam Hussein droht die Todesstrafe

Präsident Bush: Die Iraker sollen selbst über das Schicksal des Exdiktators entscheiden. Der Regierungsrat plädiert für ein schnelles Verfahren. Dies entspricht nicht den Interessen der USA. Washington schließt eine eigene Anklage nicht aus

AUS BERLIN BEATE SEEL

Zwei Tage nach der Festnahme von Saddam Hussein ist eine Diskussion darüber ausgebrochen, ob er nach einer Verurteilung mit einer Todestrafe rechnen muss. US-Präsident George W. Bush äußerte sich auf einer Pressekonferenz in Worten ausweichend, aber in der Sache klar: Er habe seine eigene Meinung dazu, aber die sei nicht wichtig, da er kein Iraker sei, sagte er. Gleichzeitig bezeichnete er den Exdiktator mehrfach als Folterer und Mörder und ließ damit keinen Zweifel daran, welche Strafe er für gerechtfertigt hielt. Während seiner Amtszeit als Gouverneur von Texas wurden dort 152 Menschen hingerichtet.

Eilig sekundierte ihm der britische Irak-Gesandte Jeremy Greenstock. Obwohl es in Großbritannien im Gegensatz zu den USA keine Todestrafe gibt, äußerte Greenstock sein Verständnis für eine Hinrichtung Saddam Husseins: „Nach dem, was er getan hat, wäre es aus irakischer Sicht gerechtfertigt, auch wenn wir selbst gegen die Todesstrafe sind“, sagte er. „Also soll er innerhalb seiner eigenen Kultur gerichtet werden.“ UNO-Generalsekretär Kofi Annan und Vertreter anderer europäischer Staaten lehnten eine Todesstrafe ab.

In Bagdad sprachen sich mehrere Mitglieder des Regierungsrates für die Todestrafe aus, darunter Mowaffak Rubaie, der unter Saddam inhaftiert und gefoltert wurde. „Er muss als Erster verurteilt werden – und als Erster hingerichtet“, sagte er nach Angaben der Washington Post. Demgegenüber meinte die Richterin Dara Nuraldin, die künftige Übergangsregierung müsse entscheiden, ob es im Irak weiter die Todesstrafe geben werde.

Während sich die Mitglieder des Regierungsrates für ein schnelles Verfahren gegen Saddam Hussein vor dem in der vergangenen Woche geschaffenen Sondertribunal aussprachen, legte sich Bush in dieser Frage noch nicht fest. „Wir werden gemeinsam mit den Irakern einen Weg finden, ihn so vor Gericht zu stellen, dass es einer internationalen Prüfung standhält“, sagte Bush auf der Pressekonferenz.

Hinzu kommt, dass die USA Saddam Hussein vermutlich nicht gleich wieder herausrücken wollen, um zunächst möglichst viele Informationen von ihm zu erhalten. Auch im Falle der mutmaßlichen Al-Qaida-Mitglieder und Taliban, die auf dem US-Stützpunkt Guantánamo auf Kuba festgehalten werden, sei der Widerstand der Befragten erst nach einer langen Periode der Gefangenschaft gebrochen worden, schreibt die New York Times. Bislang sei die Regierung mit Saddams Antworten nicht zufrieden. Er beantworte zwar Fragen, aber es gebe keinen Hinweis darauf, dass er sich bei der Informationsbeschaffung hilfsbereit zeigen werde. Unter anderem habe er jede Beteiligung am Widerstand gegen die Besatzung abgestritten.

Bislang soll Saddam Hussein als Kriegsgefangener gemäß der Genfer Konvention behandelt werden, auch wenn sein juristischer Status noch nicht geklärt ist. Sollte sich jedoch herausstellen, dass er am Widerstand gegen die Koalitionstruppen beteiligt gewesen sei, könne dies zu einer anderen Einstufung führen, sagte US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. In Kreisen des US-Außenministeriums wird zudem nicht ausgeschlossen, dass die USA Saddam Hussein selbst anklagen. Sie werfen ihm die Beteiligung an einem Mordversuch am früheren Präsidenten George Bush 1993 in Kuwait vor.