Rabatte für Einkommensschwache

Der Kölner Rat will heute über die Beibehaltung des Familienpasses entscheiden. Auch künftig sollen Einkommensschwache verbilligt städtische Einrichtungen nutzen können

KÖLN taz ■ Er ist ein Relikt aus den Achtzigerjahren. Er mag nicht mehr so recht passen in unsere Zeit, in der es ums Sparen geht in den öffentlichen Kassen. In anderen deutschen Großstädten hat der Rotstift ihn schon erwischt. Die Rede ist vom Familienpass, der vor rund zwanzig Jahren von einer rot-grünen Koalition für Köln durchgesetzt wurde und nach dem Willen der mittlerweile schwarz-grünen Koalition der Domstadt auch im neuen Jahr nicht aus schmalen Brieftaschen verschwinden soll. Dazu wird der Rat der Stadt in seiner heutigen Sitzung einen Beschluss fassen.

Mit dem Familienpass konnten Menschen mit geringen Einkommen, Familien mit drei oder mehr Kindern, Alleinerziehende und Sozialhilfeempfänger verbilligt öffentliche Verkehrsmittel benutzen, ins Schwimmbad gehen oder andere Einrichtungen wie Kino oder Theater besuchen. KVB und stadtnahe Betriebe bekamen hierfür vom Sozialamt einen Ausgleich von etwa 2,6 Millionen Euro im Jahr.

Dieses Geld will die Stadt nun einsparen. Auf den Familienpass müssten die Kölner aber auch ab Februar 2004 nicht verzichten, sagte Ossi Helling, Sozialpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. „Das Kölner Sozialamt wird wie bisher auch im kommenden Jahr die Familienpässe für Einkommensschwache zuschicken“, so Helling.

Ob der Familienpass weiterhin ein Schlüssel zum günstigeren S-Bahn-Fahren sein wird, hängt von der KVB ab, die im kommenden Jahr Preisnachlässe für Familienpassbesitzer aus der eigenen Tasche finanzieren müsste. Erst heute soll ein endgültiger Beschluss gefasst werden. „Wie wir entscheiden werden, kann ich nicht sagen“, gab sich der Verkehrsbetrieb gestern noch bedeckt. Andere stadtnahe Einrichtungen wie zum Beispiel die öffentlichen Bäder oder die Volkshochschule entscheiden sich nach Auskunft Hellings erst nach dem Jahreswechsel, ob sie auch ohne städtischen Zuschuss weiterhin Rabatte für Familienpassbesitzer einräumen.

Helling ist zuversichtlich, dass sowohl die Verkehrsbetriebe als auch Kultur- und Sporteinrichtungen weiterhin Preisnachlässe gewähren. „Es sieht gut aus“, sagte Helling. Seiner Meinung nach werden die Unternehmen schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen kooperieren. Denn nur wenn es weiterhin Preisnachlässe für Einkommensschwache gebe, bleibe zum Beispiel den Verkehrsbetrieben ein „riesiger, wichtiger Kundenkreis“ von etwa hunderttausend Familienpassbesitzern erhalten.

Wer einen Familienpass erhält, soll im kommenden Jahr nur noch nach dem Einkommen berechnet werden. Keinen Familienpass mehr erhalten sollen demnach Familien ab drei Kindern und Alleinerziehende, die mehr als 130 Prozent der Sozialhilfesätze verdienen. CLAUDIA LEHNEN