Druckräume sind saubere Sache

Die Szene nimmt den Drogenkonsum-Bus und die Druckräume in Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte gut an, so die erste Bilanz von Sozialsenatorin Knake-Werner. 450 Abhängige nutzen die Angebote. Die Räume stören die Mehrheit der Anwohner nicht

von JULIANE GRINGER

Die anfangs umstrittenen Drogenkonsum-Räume in Mitte und am Kottbusser Tor werden gut angenommen, die Zusammenarbeit mit Polizei und Staatsanwaltschaft hat sich stabilisiert, und auch die Mehrheit der Anwohner ist mit dem Angebot für Süchtige einverstanden – Sozialsenatorin Heide Knake-Werner zieht nach einem Jahr eine durchweg positive Bilanz.

Menschenwürdige Bedingungen für Abhängige sollen die Räume schaffen. In zwei Einrichtungen, der Birkenstube in Moabit und dem SKA in Kreuzberg, das an den in der Szene gut angenommenen Kontaktladen angeschlossen ist, sowie in einem Drogenkonsum-Mobil, das regelmäßig am Bahnhof Zoo und am Straßenstrich in der Frobenstraße hält, bekommen sie saubere Spritzen und können in ruhiger Umgebung konsumieren. Der mobile Konsumbus fährt seit November 2003, die beiden anderen Einrichtungen wurden im Februar dieses Jahres eröffnet. Seitdem kommt es dort zu 50 bis 80 Konsumvorgängen pro Monat, etwa 450 Nutzer und Nutzerinnen wurden insgesamt registriert.

Die Einrichtung der Räume hatte nicht nur auf politischer Seite für Proteste gesorgt, auch Anwohner hatten massive Befürchtungen: Die Räume könnten Sogwirkung haben und Süchtige aus anderen Stadtgebieten anlocken, die Kriminalität im Umfeld der Einrichtungen könne steigen und es könne zu Belästigungen kommen. Knake-Werner: „Das ist alles nicht eingetreten.“ Die Projekte werden wissenschaftlich begleitet, in einer repräsentativen Umfrage im Frühjahr befürworteten 71 Prozent der Anwohner rund um die Einrichtung in Tiergarten und sogar 82 Prozent der Anwohner am Kottbusser Tor die Einrichtung von Drogenkonsumräumen in ihrem Wohnumfeld.

Bisher kam es in den Räumen zu 15 Notfällen. Das können beispielsweise Atemstillstände nach dem Konsum sein. In den geschützten Räumen kann jedoch sofort erste Hilfe geleistet werden. Viele Süchtige sterben bei solchen Zwischenfällen, wenn sie allein konsumieren. Die Mitarbeiter der Räume bieten neben medizinischer Versorgung auch an, in andere Hilfemaßnahmen zu vermitteln. Die Zahlen der Abhängigen, die diese Chance nutzen, sind jedoch noch gering. Sozialsenatorin Knake-Werner betont, dass dies auch nicht vorrangiges Ziel von Drogenkonsum-Räumen sei. „Die Räume sollen die Süchtigen in erster Linie wegbringen von den Fluren, Fahrstühlen und Sandkisten“, sagt sie. Außerdem würden, während nach Mitte vor allem junge Abhängige zwischen 20 und 25 Jahren kommen, den Drogenkonsum-Raum am Kottbusser Tor vor allem Personen nutzen, die über 35 Jahre alt sind. „Sie sind nicht nur älter, sondern meist auch schon länger abhängig und haben andere Hilfesysteme unter Umständen schon erfolglos durchlaufen“, so Knake-Werner. Vorrangige Aufgabe der Drogenkonsum-Räume sei es auch in diesem Zusammenhang, Vertrauen zu schaffen.

Auf dem schmalen Grat zur Illegalität ist dies besonders schwierig. Im September genügte allein das Gerücht, dass ein Zivilbeamter bei Ermittlungen die Kontakträume aufgesucht hätte, um einen starken Einbruch der Konsumvorgänge im SKA in Friedrichshain-Kreuzberg zu verursachen. Eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes von 2000 macht den Konsum von Rauschmitteln in dafür ausgewiesenen Räumen legal möglich. „Die Zusammenarbeit mit Polizei und Staatsanwaltschaft klappt inzwischen sehr gut“, so Knake-Werner.