Weihnachtsgrüße vom Roten Planeten

Pünktlich zu den Feiertagen wird der europäischeMars-Express unseren Nachbarplaneten erreichen

Anscheinend mag der Mars keinen Besuch – die Hälfte aller bisherigen 30 Mars-Missionen scheiterte. Auch derzeit, während drei Sonden im Anflug auf den Mars sind – der europäische Mars-Express und zwei US-amerikanische Landefahrzeuge –, zeigt sich der Nachbar der Erde wieder von seiner ungastlichsten Seite. Seit Anfang Dezember toben auf der Nordhalbkugel des Roten Planeten mehrere große regionale Staubstürme.

Sollten sie sich zu einem globalen Staubsturm vereinen, könnten die drei Mars-Missionen gefährdet sein. Wenn sich auf den Solarmodulen der Landegeräte Marsstaub absetzt, funktioniert die Stromversorgung für die wissenschaftlichen Instrumente nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr.

Auch Sonden, die den Mars umkreisen, sind in Gefahr. Die Sonneneinstrahlung erhitzt die Staubmassen in der Mars-Atmosphäre und so auch die Atmosphäre selbst, die sich in der Folge ausdehnt. Durch den größeren atmosphärischen Sog können Sonden im Mars-Orbit dann vom Kurs abkommen oder sogar abstürzen.

Der europäischen Raumfahrt würde ein solches Szenario das Weihnachtsfest gründlich vermiesen. Am 25. Dezember soll das Landegerät des Mars-Express, Beagle-2, zur Oberfläche des Roten Planeten herabschweben, während der Orbiter der Sonde in eine Mars-Umlaufbahn einschwenkt.

Auch für die US-amerikanische Raumfahrtagentur Nasa steht nach der Columbia-Katastrophe vom Jahresanfang und nach zwei gescheiterten Mars-Missionen vor vier Jahren viel auf dem Spiel. Die beiden Landefahrzeuge Spirit und Opportunity sollen am 3. bzw. 24. Januar auf dem Mars landen und spektakuläre Bilder zur Erde funken, ähnlich wie bei der Pathfinder-Mission 1997, die zu einem großen PR-Erfolg der Nasa wurde.

Schon in den letzten Monaten gab es reichlich Schwierigkeiten mit den laufenden Mars-Missionen. Beim Mars-Express entdeckten Ingenieure kurz nach dem Start ein fehlerhaft eingebautes Kabel, das die Energieversorgung der Sonde um 30 Prozent reduziert. Dann ging ein Schauer elektrisch geladener Teilchen aus einem Sonnensturm auf den Mars-Express nieder und legte zeitweise einige Navigationssensoren lahm.

Die japanische Raumfahrtagentur Jaxa musste ihre Mars-Sonde Nozomi gleich ganz aufgeben, ebenfalls wegen eines Sonnensturms. Die Sonde sollte ursprünglich Mitte Dezember in eine Umlaufbahn um den Mars einschwenken. Ihre Manövrierinstrumente waren jedoch infolge eines Sonnensturms so stark beschädigt worden, dass sie möglicherweise auf den Mars abgestürzt wäre, ein Risiko, dass die Jaxa-Ingenieure nicht eingehen wollten.

Ginge bei den drei laufenden Mars-Missionen etwas schief, wäre das nicht nur ein PR-Desaster, sondern auch ein beträchtlicher wissenschaftlicher Verlust. Denn der Mars-Express und die amerikanischen Landefahrzeuge sollen nach inzwischen mehr als 40 Jahren Mars-Forschung mit Raumsonden nun endgültig die Frage beantworten, ob es auf dem Roten Planeten jemals Wasser in größeren Mengen und Leben gegeben hat oder vielleicht noch gibt.

Das fest stehende Landegerät Beagle-2 der ESA wird nach mikrobiologischen Organismen oder Fossilien suchen. Die beiden mobilen Nasa-Roboterfahrzeuge hingegen sollen nach Spuren von Wasser auf dem Mars forschen und mineralogische Untersuchungen vornehmen.

Wissenschaftler erwarten die Daten von den Landegeräten mit Spannung, haben doch die Missionen der Vergangenheit oft nur Widersprüchliches zutage gefördert. So wiesen die Messergebnisse der amerikanischen Viking-Landegeräte 1976 auf Gasaustausch durch Stoffwechselprozesse von Organismen hin, wurden von Wissenschaftlern aber letztlich als Anzeichen einer rätselhaften Bodenchemie auf dem Mars interpretiert.

Auch die Wasserfrage ist noch weitgehend ungeklärt. Zwar gibt es Anzeichen dafür, dass im Mars-Boden, vor allem an den Polen, Wassereis in größeren Mengen vorhanden ist. Doch Ozeane und Flüsse hat es auf dem Mars möglicherweise nie gegeben. Jüngste Studien, bei denen Daten von Missionen der letzten Jahre ausgewertet wurden, weisen darauf hin, dass der Mars seit Urzeiten extrem trocken ist und Wasser in seiner chemischen Geschichte eine eher geringe Rolle gespielt hat.

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