piwik no script img

DAS VERTRAUEN IN DEN AUSSTIEG AUS DER ATOMWIRTSCHAFT IST DAHINEin schäbiges Geschäft

Hatte der Kanzler kein Gespür für die Brisanz des Verkaufs der Hanauer Plutoniumfabrik an China, als er dieses Geschäft ausplauderte? Seitdem beschäftigt sich die deutsche Öffentlichkeit mit den verqueren Bemühungen von Rot-Grün, den Schaden zu begrenzen. Offenbar fehlte unseren Spitzenpragmatikern schon zuvor der Sinn für die Symbolik dieses anrüchigen Vorgangs.

Hätte es den festen Willen gegeben, das Geschäft zu verhindern, wäre es möglich gewesen, Siemens davon abzubringen. Unter dem Eindruck der öffentlichen Debatte hat Siemens ja auch den Antrag auf Bürgschaft für das finnische Atomkraftwerkgeschäft zurückgezogen. Nun soll der Schaden begrenzt werden durch die Auflage, die Anlage dürfe nicht militärisch genutzt werden. Selbst wenn dies auszuschließen wäre, so bliebe es schäbig, eine in Deutschland verhinderte Schlüsseltechnologie für die hochriskante Plutoniumwirtschaft an China zu verscherbeln. So verspielt man Vertrauen in den Willen zum Ausstieg aus der Atomwirtschaft.

Zudem ist es praktisch gar nicht möglich, die militärische Nutzung zu verhindern. China würde zwar anscheinend Inspektionen der internationalen Atomenergiebehörde akzeptieren, doch die Behörde selbst verhält sich reserviert – aus guten Gründen.

Wie sollte sie beispielsweise kontrollieren, ob chinesische Ingenieure die ungebrauchten, zerlegten und in Kisten verpackten Elemente der Fabrik nicht kopieren? Die Plutoniumfabrik besteht aus Elementen, mit denen man fernbedient das hochgiftige Plutonium schrittweise zu Plutoniumbrennelementen verarbeiten kann. Solche Elemente können auch im Rahmen anderer Produktionen, so für die Herstellung von Plutoniumbomben, verwendet werden.

Der Verkauf der Hanauer Fabrik an China ist nicht unausweichlich. Doch der Kanzler hat sich – ohne Not – öffentlich exponiert. Die Koalition muss diese Schlampigkeit nun ausbaden.

KLAUS TRAUBE

Klaus Traube war Geschäftsführer bei interatom undmanagte den Schnellen Brüter in Kalkar. Zweifel an derAtomkraft ließen den SPD-Mann mit der Industrie brechen.Traube ist heute emeritierter Professor für Energiewirtschaft.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen