Wahlen ohne Wahl in Guinea

Der schwer kranke guineische Präsident Lansana Conté hat die Opposition ausgebootet, um sich am Sonntag wiederwählen lassen zu können. Warnungen vor Bürgerkrieg

CONAKRY taz ■ Ungläubiges Kopfschütteln: Das ist die Gestik, die die Stimmung in dieser Zeit in Guinea prägt. Die politische Opposition schüttelt die Köpfe: Präsident Lansana Conté ist schwer krank, aber er hat eigens die Verfassung ändern lassen, um bei den Präsidentschaftswahlen am kommenden Sonntag für eine dritte reguläre Amtszeit kandidieren zu können, und wird damit faktisch Präsident auf Lebenszeit. Die wichtigsten Oppositionsparteien boykottieren die Wahl, die dadurch zur Farce wird. Seit der damalige Armeeoberst vor 19 Jahren durch einen Militärputsch an die Macht kam, regiert er über seine acht Millionen Landsleute mit eiserner Hand.

Auch ausländische Beobachter und Entwicklungshelfer schütteln die Köpfe: Das Land geht geradewegs auf den Bankrott zu. Anfang des Jahres noch stellte Guinea den Vorsitz im UNO-Sicherheitsrat, als es um eine erneute Irak-Resolution ging. Guinea wurde weltweit hofiert. Heute droht Guinea zum Aussätzigen zu werden. So hat die EU Finanzhilfen für die Wahl abgelehnt. Auch reisen keine Wahlbeobachter an: aus Zweifel an der „Transparenz beim Wahlprozess“, wie es offiziell heißt.

Und schließlich rumort es auch im Militär – das meint jedenfalls der Staatschef selbst. „Ich weiß von Putschversuchen und Flugblättern in Kasernen, die einen Soldaten-Präsidenten fordern“, sagte Conté kürzlich.

Die Vergeltung des 68-jährigen Herrschers ließ nicht lang auf sich warten. Ende vergangenen Monats brach eine Welle der Verhaftungen los. Mehrere Dutzend leitende Militärs sehen sich des Hochverrats verdächtigt. Aus Regierungskreisen heißt es, die Festnahmen seien „Routine“. Die Militärs finden in den Gefängnissen reichlich Schicksalgenossen, denn es gibt viele politische Gefangene in Guinea.

Sechs Oppositionsparteien haben sich in der „Republikanischen Front für einen demokratischen Wechsel“ (FRAD) zusammengeschlossen. Aber bei der Präsidentschaftswahl darf kein ernsthafter Oppositioneller den Präsidenten herausfordern. Das höchste Gericht erklärte alle bis auf zwei Kandidaten für unwählbar. Einer davon ist der Präsident, der andere heißt Mamadou Bhoye Barry. Selbst unter Guineern gilt Barry als nahezu unbekannt. Die anderen Kandidaten hatten entweder nicht die erforderlichen Gebühren bezahlt oder sie konnten die Richter nicht von ihrem korrekten Geburtsdatum überzeugen.

Daraufhin entschloss sich die Opposition zum Boykott. Sie warnt, dass Guinea in die gleiche Bürgerkriegsmisere geraten könnte wie die Nachbarländer Liberia und Elfenbeinküste.

Bevor es überhaupt neue Gespräche mit der Regierung geben könne, drängt die FRAD, müsse das Regime zunächst politische Verfolgung beenden und eine unabhängige Wahlkommission benennen. Auch private Radio- und Fernsehstationen müssten zugelassen werden. Aber der Trend geht in die entgegengesetzte Richtung. Idrissou Baldé, Herausgeber eines regimekritischen Blattes, erzählt: „Jetzt wurde uns gesagt, dass alle Verleger 48 Stunden vor Erscheinungstag eine Kopie zum Innenministerium bringen müssen.“

Mit den undemokratischen Vorgängen um die Wahl hat Conté in zweierlei Hinsicht sein Todesurteil unterschrieben. Nicht nur wird er in Westafrika und international jetzt gemieden. Es kann auch bezweifelt werden, ob Conté das Ende seiner nächsten Amtszeit erlebt. Der schwer an Diabetes leidende Kettenraucher zeigt sich höchst selten in der Öffentlichkeit – fast nur, so scheint es, wenn die Todesgerüchte zu hartnäckig werden.

Dennoch tat sich der 68-Jährige jetzt noch mal als Hüter der Interessen der einfachen Menschen hervor. Als Reisgroßhändler die Preise für das Grundnahrungsmittel noch weiter nach oben treiben wollten, empörte sich der Präsident: „Ich sehe mein Volk lieber an Hunger sterben als an Wucher“, sagte Conté. Die Reaktion auf der Straße: Kopfschütteln. HAKEEM JIMO