Irak schlägt Reparationen für Iran vor

Der schiitische Vorsitzende des Regierungsrats in Bagdad ergeift die Initiative, um die Beziehungen zum Nachbarlandnach dem ersten Golfkrieg wieder zu verbessern. Die iranische Regierung erwägt eine eigene Klage gegen Saddam Hussein

VON BEATE SEEL

Nach Auffassung des irakischen Regierungsrats soll das Nachbarland Iran Reparationen für den ersten Golfkrieg erhalten. Der derzeitige Vorsitzende des Rates, Abdul Asis al-Hakim, sagte nach Informationen der britischen Rundfunkanstalt BBC, es müssten weitere Diskussionen geführt werden, ob sich der Irak selbst daran beteiligt. Der Iran fordert Reparationen in Höhe von 100 Milliarden Dollar. Die Regierung in Teheran verweist darauf, dass Kuwait für die irakische Invasion 1990 Reparationen in Milliardenhöhe aus dem Öl-für-Lebensmittel-Programm der UNO erhalten habe.

Während des iranisch-irakischen Krieges kamen Schätzungen zufolge eine Million Menschen ums Leben. Der Krieg brach 1980 nach mehreren Anschlägen und Grenzauseinandersetzungen aus, als die irakische Armee im Nachbarland einmarschierte. Vorrangiges Ziel war der Sturz des Mullahregimes in Teheran anderthalb Jahre nach der iranischen Revolution. Deshalb erhielt Saddam Hussein eine breite internationale Unterstützung, unter anderem von den Staaten der arabischen Halbinsel, Frankreich und den USA. Im Verlauf des Krieges setzte der Irak auch Giftgas ein. 1988 wurde der Krieg auf Initiative des damaligen UNO-Generalsekretärs Javier Pérez de Cuellar beendet.

Der Vorstoß des irakischen Regierungsrates dürfte nach der Festnahme von Saddam Hussein zum Ziel haben, die Beziehungen zu dem bevölkerungsreichen Nachbarland wieder zu verbessern. Al-Hakim ist auch der Vorsitzende des Obersten Rates für die islamische Revolution im Irak (SCIRI). Die Organisation unterhält gute Beziehungen zum Iran. Ihre Zentrale war zu Zeiten der irakischen Diktatur in Teheran. Die Schiiten sind im Irak die größte Bevölkerungsgruppe; im Iran stellen sie die Mehrheit.

Die iranische Regierung befürwortet ein internationales Gerichtsverfahren gegen Saddam Hussein, mit dem Argument, dass sich die von ihm begangenen Verbrechen nicht nur auf den Irak beziehen. Präsident Mohammed Chatami, der die Todesstrafe ablehnt, erklärte am Mittwoch, wenn es einen Fall für eine Hinrichtung gebe, sei das Saddam Hussein. Der Iran erwägt inzwischen, eine eigene Klage gegen den Exdiktator zu formulieren. Kuwait und Italien prüfen ähnliche Schritte.

In Bagdad wurde am Mittwoch ein SCIRI-Vertreter, Muhannad al-Hakim, bei einem Anschlag getötet. Zuvor habe er Drohungen von Anhängern Saddams erhalten, wie ein SCIRI-Sprecher mitteilte. In der südirakischen Stadt Nadschaf tötete eine aufgebrachte Menschenmenge dem Sprecher zufolge ein Mitglied der Baath-Partei, das an der Niederschlagung des schiitischen Aufstandes 1991 beteiligt gewesen sei.

Bei einem Angriff aus dem Hinterhalt wurde in Bagdad ein US-Soldat getötet, ein zweiter sowie ein irakischer Übersetzer wurden verletzt. US-Truppen umstellten auf der Suche nach 1.500 Untergrundkämpfern die Stadt Samarra.