Sturm stürmt

Um als Profi-Boxweltmeister bekannt werden zu können, hat Adnan Catic sogar seinen Namen geändert

HAMBURG taz ■ Adnan Catic ist ein erfolgreicher Amateurboxer gewesen. Bei den Olympischen Spielen in Sydney stieß er bis ins Viertelfinale vor, im gleichen Jahr erkämpfte er sich den Europameistertitel im Halbmittelgewicht. Doch den damals 21 Jahre alten Leverkusener verband mit dem Familiennamen seiner aus Bosnien eingewanderten Familie kaum mehr als die Unbekanntheit eines beliebigen Amateurboxers. Schnell wurde ihm klar, dass er mit seinem Wechsel ins Profilager nicht nur seine Titel und sein Talent, sondern auch seinen Namen verkaufen muss.

Seit seiner Ankunft im Universum-Boxstall heißt Catic deshalb Sturm. Felix Sturm. Diese Metaphern-Kombination aus Glück und Naturgewalt würde keiner Deckung standhalten können, dachten sich die PR-Füchse der Boxbranche. Es sollte ein Name sein, den sich die Leute merken können. Erste Kostproben davon gab es bereits im September: „Sturm erstürmt WM-Thron“ titelten Zeitungen nach seinem 19. Erfolg im 19. Profikampf. Und was war mit Felix, dem Glücklichen? Dessen Geschichte erzählte sich von ganz allein.

Nur wenige Tage vor dem WBO-Weltmeisterkampf im Mittelgewicht zwischen dem Argentinier Héctor Velazco und dem Berliner Bert Schenk verletzte sich der ebenfalls für den Universum-Boxstall antretende Schenk am Arm. Plötzlich sollte Sturm als Ersatzmann für Schenk in den WM-Ring steigen.„Felix hat nicht eine Sekunde gezögert. Das hat mir imponiert“, sagt Universum-Promoter Klaus-Peter Kohl. Ein Name, ein Wort – und so stand der 24-Jährige nach nur dreieinhalb Wochen Training für einen achtründigen Aufbaukampf vor seiner ersten Profi-Weltmeisterschaft.

„Viel zu früh“, fürchteten die Experten, die das Talent länger aufgebaut wissen wollten. Selbst Sturms Trainer Michael Timm plante einen WM-Kampf „frühestens für das Jahr 2005.“ Im Nachhinein betrachtet Timm die langfristige Planung und die Ungeduld seines nassforschen Schützlings als Gründe für den hart umkämpften Erfolg: „Der Motivationsschub sorgte dafür, dass er gewinnen konnte.“ Als sich der Kampf gegen Velazco über die achte Runde hinauserstreckte, wich Sturm den Aktionen des Argentiniers, im Wissen. dass er nach den ersten Runden vorne lag, nur noch aus. Eine knappe 2:1-Punktrichterentscheidung machte Sturm prompt zum Weltmeister.

An Gegnern mangelt es ihm nach diesem September nicht. Velazco fordert einen Rückkampf, und auch Bert Schenk will die Rangordnung im Universum-Boxstall nach seiner Verletzungspause am liebsten wieder herstellen. „Das Trainig hat sich stark in die Richtung verändert, nicht mehr Jäger, sondern Gejagter zu sein“, sagt Sturm vor seiner ersten Titelverteidigung gegen den Spanier Ruben Varón (heute ab 22 h/ZDF). Trainer Michael Timm mahnt seinen jungen Boxer, nicht zu offensiv in den Fight zu gehen, sondern sich den Kampf über zwölf Runden einzuteilen: „Seine Explosivität und hervorragende Technik muss noch besser mit den Beinen abgestimmt werden.“ Von einem Vergleich mit Sven Ottke möchte Timm im Gegensatz zu manchen Boxkennern aber nichts wissen.

Den im Vorprogramm zum sportlich kaum interessanten Aufeinandertreffen im Schwergewicht zwischen Wladimir Klitschko (Nr. 9 der unabhängigen IBO-Weltrangliste) und Danell Nicholson (Nr. 42) angesetzten Kampf empfindet Sturm als Herausforderung, sich einem großen Publikum vorstellen zu können. „In der ganzen Welt interessiert die Leute doch nur das Schwergewicht. Wer aber wirklich was vom Boxen versteht, geht zu den anspruchsvolleren Kämpfen in den geringeren Gewichtsklassen“, wirbt Timm. Sein Ziel ist dennoch etwas anderes: „Felix ist zwar Weltmeister, aber noch kein Champion.“ Für dieses Ziel wird eine Namensänderung kaum ausreichen. OKE GÖTTLICH