Fischler rettet Fische vor Fischern

Die EU einigt sich auf ein Schutzprogramm für den Kabeljau. Damit will sie die Überfischung der Meere bekämpfen. Trotzdem dürfen 27.000 Tonnen Kabeljau gefangen werden. Wissenschaftler und Umweltschützer fordern ein totales Fangverbot

AUS BRÜSSEL KARL DOELEKE

Die Fischereiminister der Europäischen Union (EU) haben sich über einen auf fünf Jahre angelegten Plan zum Schutz besonders bedrohter Fischarten geeinigt. Damit unternimmt die EU einen ersten Schritt gegen die Überfischung ihrer Gewässer. Obwohl Frankreich und Belgien zahlreiche Ausnahmen im Schutzprogramm durchsetzten, werteten Experten die Einigung als einen Meilenstein in der Europäischen Fischereipolitik. Auch Agrarstaatssekretär Alexander Müller, der in Brüssel die Verhandlungen führte, zeigte sich zufrieden. Der Kompromiss lasse eine „auf Dauer ökologisch verträgliche Fischereipolitik“ zu. Die Umweltschutzorganisation WWF sprach dagegen von einem nur „halbherzigen Beschluss“.

Auch Müller war nicht rundum zufrieden. Die Fangquote für den Kabeljau blieb mit 27.000 Tonnen im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Diese Quote verfehle das Ziel, die Bestände wieder aufzubauen, so Müller. Deutschland stimmte darum gemeinsam mit Schweden gegen die Fangquoten für 2004. „Mit dieser Fangmenge ist zweifelhaft, ob der Kabeljau gerettet werden kann“, meint auch Heike Vesper, Fischereiexpertin von WWF. „Tatsächlich werden sehr viel mehr als diese 27.000 Tonnen als Beifang an Land gezogen und später bereits tot oder sterbend zurück ins Meer geworfen.“

Der Sprecher von Fischereikommissar Franz Fischler betonte dagegen, die Fischereiminister hätten sich nicht nur darauf beschränkt, Fangquoten zu vereinbaren, „die sowieso niemand einhält“. Der Plan sieht auch Fangverbote zur Unterstützung einzelner vom Aussterben bedrohter Bestände sowie die Begrenzung der Gesamtfangmengen in den 46 Fischfangzonen der EU vor. Die Bestände des vom Aussterben bedrohten Kabeljau sollen sich nach den Plänen der Kommission jährlich um 30 Prozent erholen. In die traditionellen Fanggründe vor Dänemark und Westschottland dürfen die Flotten nur noch an bestimmten Tagen im Monat auslaufen. Mehr Stichproben sollen garantieren, dass die Höchstfangmengen eingehalten werden, Laich- und Jungfischgebiete sind in Zukunft tabu. Größere Fangmengen an Kabeljau dürfen nur nach Voranmeldung in bestimmten Häfen angelandet werden.

Deutschland und Schweden hatten ebenso wie der wissenschaftliche Rat zur Erforschung der Meere (ICES) ein Fangmoratorium für den Kabeljau gefordert. Für Deutsche Fischer wurden die Fangquoten insgesamt erhöht. Bei den in Deutschland beliebten Speisefischen Hering und Seelachs sind die Bestände weitgehend gesichert.

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