WASG macht Front gegen Sachzwang

Die intern zerstrittene Wahlalternative Arbeit & Soziale Gerechtigkeit, die im Mai 2005 zur Landtagswahl antreten will, diskutiert in Köln über Opel und Gewerkschaftspolitik

Köln taz ■ Von „Oh, du Fröhliche!“ ist in Bochum nichts zu spüren. „Da herrscht nackte Angst“, berichtete Opel-Mitarbeiter Jürgen Kreuz. Der Vertrauensmann sprach am Dienstag Abend in der Alten Feuerwache auf einer Veranstaltung der Wahlalternative Arbeit & Soziale Gerechtigkeit (WASG). Die Kölner WASG stellte sich mit ihrer Diskussionsrunde unter dem Motto „Mit Arbeitszeitverlängerung und Lohnkürzung gegen den Sachzwang der Globalisierung?“ erstmals einer breiteren Öffentlichkeit vor. Im Mai will die WASG zur Landtagswahl antreten.

Dass es bis dahin noch ein weiter Weg ist, zeigte sich schon im Vorfeld der Veranstaltung: Ursprünglich sollte statt Kreuz der Bochumer Ex-Betriebsrat Peter Jaszczyk reden. Doch der rührige Opel-Pensionär verkrachte sich mit dem Landesvorstand der WASG über die eilige Gründung einer Betriebsgruppe beim Bochumer Autobauer, zusammen mit 16 KollegInnen verließ er in der letzten Woche die Wahlalternative (taz berichtete).

Und so sprach Jürgen Kreuz auch nicht als WASGler, sondern als Aktivist im Opel-Streit. Er schilderte den rund 50 Interessierten noch einmal die bisherigen Auseinandersetzungen der Opel-Beschäftigten mit ihrem Management, das 10.000 Arbeitsplätze bei Opel-Deutschland abbauen will. „Der Streik der Opelaner im Oktober ist notwendig gewesen, um überhaupt noch verhandeln zu können“, begründete der Vertrauensmann die Arbeitsniederlegungen.

Heute entscheidet sich nun das weitere Schicksal der Opel-Mitarbeiter. Dann bekommen die Vertrauensleute von den Betriebsräten das Verhandlungsergebnis mitgeteilt. 4.086 Beschäftigte sollen ihren Job verlieren, 1.400 in „Transfergesellschaften“ wechseln. Für die verbleibenden 5.000 Arbeiter sind weitere Lohneinbußen geplant.

„Das wird enden wie im Oktober“, prophezeite Jürgen Kreuz neue Arbeitsniederlegungen der Opel-Belegschaft als Reaktion auf dieses Angebot. Noch habe das Bochumer Opel-Werk die Möglichkeit, durch einen Streik die gesamte Produktion bei Opel in Europa lahm zu legen. „Wir müssen diesmal einen längeren Atem haben“, gab sich Kreuz kämpferisch. Er kritisierte vor allem das selbstherrliche Verhalten der Betriebsräte. „Sie tragen die Entscheidungen des Managements mit, ohne mit uns Rücksprache zu halten“, so Kreuz.

Der Beifall der Anwesenden, die offensichtlich selbst zu einem großen Teil gewerkschaftlich organisiert sind, war ihm sicher. Generell standen die Gewerkschaftsspitzen und die SPD an diesem Abend im Mittelpunkt der Kritik. Die Frage, ob die Globalisierung ein Sachzwang sei, hätten die Betriebsräte längst mit „Ja“ beantwortet, hieß es aus dem Publikum.

Besonders kritisiert wurde die neoliberale Politik der SPD. „Es braucht kämpferische Gewerkschaften und eine alternative politische Kraft“, forderte daher unter großem Beifall eine Gewerkschafterin im Publikum.

Welche Rolle die WASG dabei spielen könnte, blieb jedoch vage. Die Streitigkeiten im Landesvorstand gehen auch an der Kölner Gruppe nicht vorbei. Denn auch Hans-Georg Pieper, Kölner Mitglied im WASG-Landesvorstand, kehrte dem Bündnis inzwischen den Rücken. Er fürchtet eine Unterwanderung der WASG durch Trotzkisten.

„Der WASG-Vorstand ist derzeit intensiv bemüht, inhaltliche Alternativen zu formulieren“, berichtete Thies Gleiss vom Kölner WASG-Vorstand. Doch Patentrezepte gegen die Massenerwerbslosigkeit hat auch die WASG, in der viele Gewerkschafter Mitglied sind, noch nicht. „Wir sind für eine radikale Arbeitszeitverkürzung“, konkretisierte Gleiss eine zentrale politische Forderung der WASG. Welche Ursachen die derzeitige wirtschaftliche Krise habe, werde hingegen noch diskutiert. Viel Zeit zum Diskutieren bleibt den WASG-Leuten nicht mehr – im Mai ist Landtagswahl. Thomas Spolert