Zweisame Einsame

Die neue Speicherbühne präsentiert „Luzie will ans Meer“. Auch im Hafenmuseum arbeiten die Darsteller mit

Los geht es mit einer Zelebrierung schlechter Laune. Luzie ist sauer. Stinksauer. Mama hatte doch versprochen, mit ihr ans Meer zu fahren. Und nun liegt da ein Zettel: „Bin um 15 Uhr zurück. Essen steht im Kühlschrank.“ Mittlerweile ist es halb vier und noch immer keine Mama da. Also hilft das kleine Mädchen – überzeugend dargestellt von Ute Steineken – sich selbst und will ein Schiff bauen um ans Meer zu fahren: „Dann ist Mama mal allein und wartet.“

Endlich ist das Boot fertig, und das Mädchen sticht zusammen mit ihrem Plüschhasen in See. Die Wellen werden immer stärker, der Mast bricht, ein Hai jagt die Seefahrer – und dann stranden Luzie und Hasi auf einer Insel, die von dem ebenfalls miesgelaunten Bomp (Guy Halbout) bewohnt wird. „Was willst Du hier? Ich brauche keine Gesellschaft“, schimpft er und hämmert auf seinem Schlagzeug herum. Viele Kinder halten sich sofort die Ohren zu – die Lautstärke in dem hallenden Raum ist enorm. Auch wenn das Schlagzeug schweigt, ist es nie leise – die kleinen Zuschauer kommentieren permanent das expressive Geschehen auf der Bühne.

Ein wenig stiller wird es erst, als Luzie und Bomp sich annähern: Als das völlig durchnässte Mädchen zu frieren beginnt, deckt ihr neuer Freund sie liebevoll zu. Am nächsten Morgen spielen die beiden Kinderträume durch – Herrscherin und Diener, ein Piratenkampf und ein Land, in dem Kinder alles dürfen, was sie wollen. Am Ende ist Luzie die „Königin der Meere“ und segelt zusammen mit Bomp auf den Ozean hinaus. Nach 45 Minuten ein etwas abruptes offenes Ende – war es Traum oder Wirklichkeit?

Das für Kinder zwischen drei und sechs Jahren konzipierte Theaterstück will die Kleinsten dazu anregen, ihre Fantasie zu nutzen. Es ist das erste eigenständige Stück der siebenköpfigen Truppe, seit sie im September vom Westend in den Speicher XI umzog. Bisher präsentierte sie eine inszenierte Führung durch das historische Gelände sowie ein monatliches „Frühstückstheater“, bei dem Hafen-Klischees an verschiedenen Orten des Geländes betrachtet werden.

„Als der Hafen zugeschüttet wurde, hat das Westend-Theater hier einen Spaziergang mit den ‚Speichergeistern‘ inszeniert“, erzählt Regisseurin Astrid Müller. „Das Projekt ‚Speicherbühne‘ ist der Versuch, ohne öffentliche Förderung selbstständig etwas auf die Beine zu stellen.“ Auch mit der Hafenumgebung arbeitet die Truppe Hand in Hand – im wahrsten Sinne des Wortes: Zusammen mit Anne Schweisfurth hat Astrid Müller die am Wochenende eröffnete Dauerausstellung „Hand in Hand“ im nahegelegenen Hafenmuseum konzipiert. Hier soll dokumentiert werden, wie die Arbeit im Hafen noch vor 30 Jahren ablief – ohne Teamarbeit ging da nichts. Solidarität, Vertrauen und Konflikte sind nur einige der zentralen Begriffe, die hinter der Ausstellung zum Mitmachen stecken. Ab Februar soll es dann auch theatrale Führungen durchs Hafenmuseum von den Mitgliedern der Speicherbühne geben – vielleicht kommt ja dann auch die Seeheldin Luzie mit ihrem Freund Bomp vorbeigesegelt. Ulrike Schröder

Infos: ☎ 380 09 46