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OFF-KINOFilme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Über den Dächern von Nizza“, 12. 12. im Z-inema „Lachende Erben“, 9. 12., 11. 12. im Zeughauskino„Hexen“, 12. 12. im Arsenal 2

Grace Kelly muss sich in Alfred Hitchcocks Kriminalkomödie „Über den Dächern von Nizza“ so einiges gefallen lassen. Zum Beispiel von der eigenen Filmmutter: „Mr. Burns, Sie handeln mit Holz? Und da haben Sie sich noch nicht an meine Tochter herangemacht?“, sagt Mrs. Stevens da einmal leichthin zu Mr. Burns (Cary Grant), der eigentlich John Robie heißt und ein ehemaliger Juwelendieb mit dem Spitznamen „Die Katze“ ist. Wenig später wird Francie Stevens (Grace Kelly) von ihrer Konkurrentin um die Gunst Robies sogar mit einem alten Auto verglichen. Und überaus süffisant fügt Danielle hinzu: „Aus der Nähe betrachtet, sieht sie noch viel älter aus.“ Natürlich sieht Kelly in Wahrheit hinreißend aus und verkörpert vortrefflich jene Art von kühlem und geheimnisvollem Sexappeal, für den sich Hitchcock so begeisterte. Doch als Robie sich an Francies Zimmertür verabschiedet, wirkt die kühle Blonde plötzlich gar nicht mehr hölzern und küsst ihn leidenschaftlich. Im Gewand einer leichten Komödie handelt „Über den Dächern von Nizza“ eigentlich von fetischistischem Sex: In der Schlüsselszene des Films bietet Francie ganz unverhohlen ihre „Juwelen“ an und würde sich die Jungfräulichkeit nur allzu gern vom Dieb Robie rauben lassen. Für die kriminalistischen Aspekte des Stoffes interessiert sich Hitchcock dagegen eher weniger: Anders als in der Romanvorlage von David Dodge, in der Robies Versuche, einem Dieb, der seine Arbeitsweise exakt kopiert, eine Falle zu stellen, sehr ausführlich beschrieben werden, bekommt man im Film bis zum Finale kaum jemals das Gefühl, „Die Katze“ käme dem Nachfolgetäter auch nur einen Schritt näher … „Ich machte ihn mit reiner Routine“, schrieb Max Ophüls in seinen Memoiren über seinen dritten Spielfilm, „Lachende Erben“, und fügte hinzu, als Zuschauer hätte er bestimmt kein Geld für ein Billett ausgegeben. So schlecht wie der Regisseur die charmante Komödie hier macht, ist sie jedoch nicht. Zugegeben, die Geschichte, in der es unter anderen um den Erben eines Weinguts (Heinz Rühmann) geht, der einen Monat keinen Alkohol trinken darf, damit die Erbschaft rechtsgültig wird, ist ein wenig wirr, doch die Dialoge haben einigen Wortwitz, und auch die Inszenierung besitzt ihre ungewöhnlichen Momente: Etwa wenn die Erben bei der Testamentseröffnung plötzlich aus dem Blickwinkel eines Porträts des Verstorbenen aufgenommen werden. Das Zeughauskino zeigt „Lachende Erben“ in einer Reihe, die deutsche Filme der Prä-Nazi-Ära mit jüdischem Humor vorstellt. Der aus Dänemark stammende Schauspieler und Regisseur Benjamin Christensen schuf mit „Hexen“ einen der interessantesten Filme der frühen Zwanzigerjahre: In einer Mischung aus Dokumentation und Spielszenen mit durchaus spekulativem Horror zeigt Christensen den Hexenwahn des Mittelalters und besitzt dabei die Gabe, das Grausige sehr bildlich zu inszenieren: Da brauen die Hexen ihre Tränke aus ungeborenen Kinderleichen, derweil die Folterknechte der Inquisition ebenfalls ordentlich hinlangen … LARS PENNING

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