Der fleißige Abkassierer: Ingo Wolf

Der FDP-Fraktionschef fordert die Liberalisierung des Arbeitsmarkts – und zitiert am Mittwoch im Landtag die zynische Begrüßung des KZ Auschwitz „Arbeit macht frei“. Selbst kassiert der Liberale dagegen gern aus öffentlichen Töpfen

Politik kann sich lohnen: Mehr als 19.000 Euro kassiert Ingo Wolf, Vorsitzender der FDP-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag, monatlich aus Steuermitteln. Die zwei Landtagsdiäten, die steuerfreie Aufwandsentschädigung, die Pension als Ex-Kreisdirektor in Euskirchen und die Bezüge als Fraktionsvorsitzender der Liberalen im Kreistags summieren sich.

Privat lässt es sich Wolf also gut gehen in der Hängematte der Politiker-Versorgung. Im Parlament gibt er den neoliberalen Hardliner: „Auf dem Arbeitsmarkt sind wir für Liberalisierung, weil nur Arbeit die Menschen wirklich frei macht“, verkündete Wolf in der aktuellen Stunde des Landtags vom vergangenen Mittwoch in bester Nazi-Diktion – und zitierte damit hoffentlich unfreiwillig die Begrüßung des KZ Auschwitz „Arbeit macht frei“.

Wolfs Thema im Landtag: Die Schuldenspirale. In den letzten acht Jahren habe die rot-grüne Landesregierung den „gigantischen NRW-Schuldenberg“ von 40 auf mehr als 100 Millionen mehr als verdoppelt. Das Kabinett huldige der „permanenten staatlichen Umverteilung“, befand der 48jährige Rechtsanwalt bei seiner Haushaltsrede im November.

Ingo Wolf, der Populist: „Streichen Sie das Weihnachtsgeld für Ihre gut bezahlten Landesminister komplett. Das ist sozial und auch mit Blick auf die Regierungsleistung gerecht“, so einer seiner Vorschläge zur Konsolidierung des Landeshaushalts. gDoch an die Erfolge seines Vorgängers Jürgen Möllemann kann Wolf nicht anknüpfen: Wo Möllemann einst medienwirksam mit dem Fallschirm absprang, fährt der ehemalige Feldhockeyspieler nun zusammen mit FDP-Landeschef Andreas Pinkwart „bieder mit dem Tandem“ (Süddeutsche Zeitung) vor.

Wolf unter Druck: Seit die anderen etablierten Parteien die liberalen Konzepte, etwa beim Bürokratieabbau, kopieren, rutschen die Liberalen immer stärker aus den Medien, den Schlagzeilen. Die Folge: Mitte November wagten der ehemalige Fraktionsvize Stefan Grüll und der Vorsitzende des FDP-Bezirks Ruhr, Andreas Reichel, einen Putschversuch: Bei Liberalens herrsche „politische Blässe, thematische Mutlosigkeit“, ein „narkotischer Zustand“, so ihre Analyse.

Gerettet hat Wolf nur die Durchsichtigkeit des Manövers: Die beiden ehemaligen Möllemann-Vertrauten Grüll und Reichel haben den parteiinternen Machtkampf nach dem Tod des Übervaters in der ersten Runde verloren – Grüll wollte selbst Fraktionschef werden, Reichel musste im Zuge der Parteispendenaffäre seinen Posten als Landesschatzmeister aufgeben. Erst auf Bitte von Parteifreunden gab Wolf seine eigene Kandidatur bekannt.

Wolfs Schwäche: Seit Monaten dümpelt die nordrhein-westfälische FDP irgendwo zwischen fünf und sieben Prozent, der erst 1999 nach harten Jahren der außerparlamentarischen Opposition geschaffte Wiedereinzug in den Landtag scheint gefährdet. Harte Zeiten für Ingo Wolf.

ANDREAS WYPUTTA