schurians runde welten
: Mein Leben mit André Heller

„Es war klar, dass wir ihn kontaktieren würden. Wir wussten ja nicht, dass er überhaupt keine Ahnung vom Fußball hat.“ (Franz Beckenbauer)

Kennen Sie Erika Pluhar? Ich bin mit ihr aufgewachsen. In den 1970ern nudelte meine Mutter die Platten der Wiener Diseuse rauf und runter. Die anzügliche Österreicherin hat mich seinerzeit ein wenig aufgeklärt, wenn sie ihre schweren großen Worte ins Mikrophon hauchte, die sich damals noch allein aus der spinnerten Libido André Hellers speisten. Die Pluhar hat sich bald von Heller getrennt – ihr wird es besser gehen. Doch nun leidet die Welt unter dem Meister aus Österreich, jetzt hat er sich über den Fußball hergemacht.

Also tingelt eine große schwere Hellersche Fußballkugel durch die Spielorte der Weltmeisterschaft, gezahlt vom Organisationskomitee der Weltmeisterschaft 2006 – zur Zeit ist Gelsenkirchen dran. Das Innere des Metallballes könnte nicht äußerlicher sein: Stumpfsinnige Animationen, aufgeblasene Fernsehbilder, abgetragene Fußballer-Klamotten, reproduzierte Pokale, der Finalball von 1954. Heller fiel wenig ein – er gibt das im Wiener Schmäh gerne zu: „Ich habe gedacht, was ist Fußball, und vor allem: Was hat das mit mir zu tun?“, sagt er freimütig.

Aber als ihn Franz Beckenbauer anrief, um ihm das Kulturprogramm der WM 2006 anzutragen – jeder andere Antifußballer hätte abgesagt – machte es Klingeling im grauen Lockenkopf. Heller besann sich auf Volkssport, ließ sich fürs WM-Kulturprogramm auf der Weltbühne aufs Kicken ein. Das klingt dann so: Als er den „berühmtesten Fußballer aller Zeiten“ am Telefon vernahm, sei es ihm gewesen, wie ein „Mönch, den der Papst anruft.“

Der einstige Spezialist für erigierte Lieder macht mit Vorliebe Dinge, von denen er nichts versteht: In Essen scheiterte der so genannte „RWE-Meteorit“ am mangelnden Zuschauerinteresse – letztlich nichts anderes als eine Halle auf Ecstasy, die Heller das „Bergwerk der schönen Träume“ taufte. In Bochum sollte der Varieté-Gründer für etwa 85 Millionen Mark seinen „Anima-Park“ rund um die Jahrhunderthalle entwickeln, auch das klappte nicht; immerhin zahlten Landeswirtschaftsförderer zur Parkplanung 50.000 Euro an einen libanesischen Waffenhändler. Zuletzt konzipierte Heller im Auftrag des Landes einen NRW-Pavillon für eine Schau in Japan. Weil der wohl zu teuer wird, soll der Meister bereits sein Vorabhonorar bezogen haben. CHRISTOPH SCHURIAN