Is‘ ja hammerhart!

Perfekt getarnter Skandal: Warum hacken die Medien auf einmal auf Stefan Raab herum? Zweifelhafte Witze hat er doch schon immer gemacht

VON SUSANNE LANG

Vom Sex zum Skandal ist es zum Glück gar nicht so weit, wie manche Medien beklagen. Man braucht doch nur: einen Formel-1-Fahrer, eine Beate-Uhse-AG-Beteiligung, die liebe Quote, eine Show und einen griffigen Skandal-Slogan: „Porno-Ralle“ und seine „Hard-Cora“. Genauso nämlich bezeichnete Entertainer Stefan Raab in „TV Total“ Rennfahrer Ralf Schumacher und Frau Cora, die daraufhin nicht nur ihre Beteiligung bei Uhse zurückzogen, sondern eine Klage anschoben.

Und dann wäre da freilich noch das kleine süße Mädchen mit der Schultüte, das Raab am Dienstag als „perfekt getarnte Drogendealerin“ bezeichnet hatte. Ist er das schon, der Skandal? Nun ja. Abgesehen von der Frage nach Persönlichkeitsrechten, die sich Raab seit Beginn seiner Karriere stellen lassen muss, und einer gerade mal wieder lauen Quotenkurve fehlt schon noch etwas die Dramatik. Aber dafür gibt es zum Glück Bild, starring: Kolumnist und Verbal-Hammerwerfer Franz Josef Wagner, der Post verschickte an den „Lieben Stefan Raab“. Und, on top, der immer noch sehr ambitioniert hauptstädtische Tagesspiegel, der seine überregionalen Seriösansprüche jetzt mit feinen Polemiken umsetzen will. Und dies in ungeheuerlicher Originalität. Was wäre, wenn man diesem Raab mal auf Unter-Gürtellinien-Höhe begegnen würde?!

Dann, ja dann kann man auch Raabs Publikum so beschimpfen, wie man es ihm doch selbst vorwirft: „Ganz unglaublich schlecht angezogen“. Und dann, ja dann holt Wagner seinen Schreibhammer raus und nennt den Grund, warum Raab sein Hemd über der Hose trägt: „Ihr fetter Hintern. Ihr Arsch wird immer größer als Ihr Gehirn.“ Wie praktisch, dass für einen wie Raab die Persönlichkeitsrechte ja gar nicht gelten können, wo er sie doch so gerne träte.

Ist er das nun der Skandal? Nun ja. Fehlt eigentlich nur noch die Blutspur, das echte Opfer. Doch das ist viel weiter entfernt, als es sich besagte Medien wünschen. Fest steht nur, dass sie davon überzeugt sind, dass dieser „Resteverwerter“ aufhören müsse – und zwar „sofort“. Spätestens wenn Texte jedoch explizit betonen, dass sie etwas bewirken sollen, dürfen Leser und Zuschauer skeptisch werden.

Dass Stefan Raab provoziert, und zwar ganz gezielt im Gestus und in der Sprache des Proll-Milieus, gehört zum Prinzip Raab. Ebenso, wie Quoten-Tiefs und juristische Auseinandersetzungen seit Beginn der Sendung TV-Total den cleveren Unterhaltungsmacher begleiten. Das muss nicht jeder witzig finden. Nur: Hätte Raab die Absicht, den Mann fürs Fernseh-Intellektuelle Harald Schmidt zu kopieren oder gar abzulösen, wie ihm gerne unterstellt wird, gäbe es ein Problem (wenn auch noch lange keinen Skandal).

Tatsächlich verkörpert Raab nichts anderes als den perfekten Fernseh-Handwerker, der die Mechanismen von Unterhaltung sehr erfolgreich ausspielt. Ebenjener Raab, der zum Beispiel mit „Hol mir ma ne Flasche Bier“ nicht nur auf die kleinen Mäuse im Fernsehzirkus abzielt, sondern auch auf Kumpelkanzler Gerhard Schröder. „Du willst Populismus – du bekommst Populismus“ ist Raabs Devise. Dass Bild damit ein Problem haben könnte, liegt weniger an einer schlaueren Konkurrenz als daran, dass diese von Anfang an ohne Bild Erfolg hatte. Das sei, so Raab, „das größte Privileg“, das man in der Medienbranche haben könne: nicht von Bild abhängig zu sein. Und allen anderen, die nicht nur Meinung machen wollen, sondern auch Programm nach ihrem Geschmack. Das genau ist der Skandal.