EU/TÜRKEI: DER LETZTE KALTE KRIEGER EUROPAS SITZT IN ZYPERN
: Nicht nur Ankara muss sich bemühen

Wenige Tage vor Beginn des für die Türkei entscheidenden EU-Gipfels am kommenden Donnerstag herrscht nach wie vor Unklarheit über die Gipfelerklärung zum Beginn von Beitrittsgesprächen. Als gewaltiger Stolperstein entpuppt sich die Forderung der griechisch-zypriotischen Regierung, die Türkei müsse ihren Alleinvertretungsanspruch für die Insel anerkennen. Sonst werde man gegen Beitrittsverhandlungen ein Veto einlegen. Was auf den ersten Blick so plausibel und selbstverständlich klingt – wie soll die Türkei schließlich mit einem Land verhandeln, das sie nicht anerkennt? – ist bei näherem Betrachten eine einzige Perfidie.

Jahrelang hatte die EU der Türkei und den türkischen Zyprioten vorgeworfen, sie verhinderten eine friedliche Wiedervereinigung des Landes, weil sie den UN-Friedensplan nicht akzeptierten. In all den Jahren versicherten die Zypern-Griechen der EU dagegen immer wieder, sie würden selbstverständlich den Annan-Plan akzeptieren. Auf dieser Grundlage hat die EU zugestimmt, dass die griechischen Zyprioten beitreten können, auch wenn die Türkei nicht zustimmt. Am Ende war es genau umgekehrt. Als es zum Schwur kam, sorgte der griechisch-zypriotische Präsident Papadopolus mit höchstem persönlichem Einsatz dafür, dass die griechische Bevölkerung den Annan-Plan ablehnte – während die Türken mit großer Mehrheit zustimmten. Wutschnaubend sprach der gelinkte EU-Unterhändler Günter Verheugen von Betrug.

Die Griechen wurden trotzdem Mitglied und fordern nun, was sie zuvor selbst sabotierten: die Anerkennung einer Regierung für ganz Zypern, ihrer eigenen selbstverständlich. Auch wenn Papadopolus formal im Recht ist, widerspricht seine chauvinistische Politik der Philosophie der EU diametral. Statt durch Dialog und Kompromiss zur Verständigung zu kommen, sucht er die Konfrontation. Es wäre ein Armutszeugnis für die übrigen 24 EU-Staaten, wenn sie sich nach dem ersten Betrug durch Papadopolus nun erneut vom letzten kalten Krieger in Europa für dessen Pläne benutzen ließen. JÜRGEN GOTTSCHLICH