EU will mit Kiew gut Freund sein

Mit einem Aktionsplan will die Europäische Union die wirtschaftliche Kooperation mit der Ukraine ausbauen und die dortige Demokratie und den Rechtsstaat stärken. Doch erst einmal will Brüssel den Verlauf der Präsidentenstichwahl abwarten

AUS BRÜSSEL RUTH REICHSTEIN

Die Ukraine soll in Zukunft zu den Ländern gehören, die einen „Ring von Freunden“ um die Europäische Gemeinschaft bilden. Das will die EU-Kommission mit einem Aktionsplan erreichen, den sie gestern verabschiedet hat. In den kommenden drei Jahren soll die Zusammenarbeit großzügig ausgebaut werden. Das betrifft die wirtschaftliche Kooperation genauso wie den Kampf gegen den Terrorismus sowie die Stärkung von Demokratie und Rechtsstaat. Der Plan baut auf dem Partnerschafts- und Kooperationsabkommen auf, das 1998 in Kraft trat.

Das Prinzip „Hilfst du mir, helfe ich dir!“ oder, mit den Worten der EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner: „Wir machen nur Fortschritte, wenn der Partner Fortschritte macht.“ Im Klartext heißt das: Die Ukraine bekommt nur Zugang zum europäischen Binnenmarkt, wenn Wettbewerbs- und Handelsgesetze den europäischen Standards angepasst werden. Geld für entsprechende Reformen fließt nur nach Kiew, wenn dort Meinungs- und Pressefreiheit garantiert werden. „So wollen wir Frieden, Stabilität und Wohlstand exportieren“, erklärte Ferrero-Waldner.

Der Plan liest sich wie eine Tagesordnung, welche Ziele bis 2007 erreicht werden sollen und mit welchen Mitteln. Der Schwerpunkt liegt auf der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Das gemeinsame Ziel: freie Marktwirtschaft und eine Freihandelszone in der Welthandelsorganisation, der die Ukraine baldmöglichst beitreten will. „Wir haben den Plan als Zeichen für unsere uneingeschränkte Unterstützung dieses Landes verabschiedet“, sagte Ferrero-Waldner. Der Plan muss vom Rat der europäischen Außenminister, die sich am kommenden Montag treffen, angenommen werden. Mit der Umsetzung will die EU bis nach den Präsidentenwahlen warten. Nur wenn diese demokratisch verlaufen, soll der Plan verwirklicht werden.

Noch Anfang des Monats hatte sich die Kommissarin dafür ausgesprochen, die Aktionspläne erst dann zu verabschieden, wenn sie sofort umgesetzt werden können. Der Berichterstatter für Nachbarschaftspolitik im EU-Parlament, der CDU-Abgeordnete Armin Laschet, hält den jetzigen Zeitpunkt deshalb für völlig ungeeignet. „Wir rauben dem zukünftigen Präsidenten jede Möglichkeit, eigene Prioritäten zu setzen“, erklärte er. Besonders pikant ist, dass der Aktionsplan in enger Absprache mit Noch-Präsident Kutschma erarbeitet wurde.

Laschet vermutet, dass die Kommission den Ukraine-Plan nur deshalb schon jetzt verabschiedet hat, um dem Ministerrat am Montag ein komplettes Paket vorzulegen. Außer für die Ukraine gibt es solche Projekte für Jordanien, Moldawien, Marokko, Tunesien, Israel und Palästina. Nach der Wiederholung der Stichwahl Ende des Jahres will Ferrero-Waldner nach Kiew reisen, um über die konkrete Umsetzung des Plans zu verhandelt. Zudem ist die Zustimmung des EU-Ukraine-Rats notwendig. Mit Beitrittsverhandlungen habe der Plan jedoch nichts zu tun, unterstrich die Kommissarin gestern.

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