Teures Koks fürs Revier

Die Deutsche Kokskohle und mit ihr das Ruhrgebiet profitieren vom hohen Weltmarktpreis. Langfristig hat die heimische Kohle aber ausgedient

VON HOLGER PAULER

Der hohe Weltmarktpreis für Kokskohle wird den Steinkohlebergbau im Ruhrgebiet auf Dauer nicht retten können. „Wir haben den Höhepunkt des so genannten China-Booms bereits hinter uns“, sagt der energiepolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Reiner Priggen, zur taz. „Auf Dauer wird die deutsche Steinkohle nicht wettbewerbsfähig sein.“ Wegen der Preissteigerung auf dem Weltmarkt hatte RAG-Chef Werner Müller den Bau einer neuen Kokszeche in Hamm in Aussicht gestellt. Begründung: Die deutsche Kokskohle sei mit ihrem Preis von 190 US Dollar pro Tonne auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig. Im April war der Weltmarktpreis für die vor allem zur Stahlproduktion benutzte Kokskohle von vorher 120 US Dollar auf 440 US Dollar pro Tonne angestiegen. Mittlerweile hat sich der Preis wieder auf 220 Millionen Dollar eingependelt.

Die weltweit gestiegene Nachfrage nach Koks und Kokskohle und der Preisanstieg bei Stahl hätten sehr deutlich gemacht, wie wichtig eigene Energiereserven seien, sagt SPD-Fraktionsvorsitzende Edgar Moron. Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) bekennt sich zur Steinkohle. Kritik kommt von der Opposition: „Die PR-Kampagne der Steinkohle-Lobby aus DSK und rotgrüner Landesregierung läuft ins Leere“, sagte der energiepolitische Sprecher der FDP Landtagsfraktion Gerhard Papke gestern in einer Aktuellen Stunde im Landtag. Die Debatte musste nach einem Schwächeanfall Papkes abgebrochen werden.

„USA, Kanada, Indien, Mozambique bauen derzeit neue Kokszechen, in China werden demnächst allein 30 neue Anlagen entstehen“, sagt Reiner Priggen.„Bis in Hamm eine neue Kokszeche entsteht sind die weltweiten Kapazitäten längst erschöpft“. Letztes Kohle-Projekt dürfte daher die Erweiterung der Kokerei Prosper in Bottrop werden. Die Kapazität soll bis Herbst 2005 von zwei Millionen auf 3,3 Millionen Jahrestonnen erweitert werden – möglichst „ohne öffentliche Mittel“, hofft Reiner Priggen. Er fordert statt dessen, dass angesichts der günstigen Weltmarktlage die Subventionen für die Deutsche Steinkohle zurück gefahren werden. Die Zuschüsse werden ab 2006 am Ende eines Jahres ausgezahlt – auf Basis der Abschätzung des Weltmarktpreises. „80 Millionen Euro könnten eingespart werden“, so Priggen, „angesichts der Haushaltslage könnte das Land die Summe gebrauchen.“

Die „sozialverträgliche Rückführung“ der Steinkohleproduktion geht derweil weiter. Bund und Land NRW stellen nach Ablauf des Kohlekompromisses für die Jahre 2006 bis 2008 7,3 Milliarden Euro zur Verfügung. NRW ist mit 1,6 Milliarden Euro beteiligt, die RAG schießt 450 Millionen Euro hinzu. Derzeit sind im Ruhrbergbau 28.000 Bergleute beschäftigt. Die Kohleproduktion soll bundesweit von derzeit 26 Millionen Tonnen (an Rhein und Ruhr werden 21 Millionen Tonnen gefördert) bis 2012 auf 16 Millionen Tonnen runtergefahren werden. „Es werden eher weniger sein“, glaubt Reiner Priggen. Außer es kommt tatsächlich eine neue Zeche, von der Werner Müller glaubt, sie könne „in den Jahren 2015 bis 2045 Kokskohle zu Kosten unter dem Weltmarktpreis liefern“.