Wohngeld per Mausklick

E-Government verspricht erhebliche Einsparpotenziale bei der Berliner Verwaltung. Doch die dafür nötige digitale Signatur ist bei den meisten Bürgern noch nicht im Umlauf. Auch die Frage der Datensicherheit ist bisher ungeklärt

Wenn der Nachbar ständig Heavy Metal auf Anschlag aufdreht, muss man nicht gleich die Polizei rufen. Zumindest nicht in Nordrhein-Westfalen. Dort kann man eine Strafanzeige bequem per E-Mail abgeben. Das soll demnächst auch in Berlin möglich sein. E-Government heißt das Zauberwort, mit dem sich die Berliner Verwaltung effizienter gestalten und vor allem selbst einsparen will.

Statt Dienst am Kunden mit langer Wartezeit in vollen Fluren soll künftig der berühmte Mausklick genügen, um etwa das Auto an- oder abzumelden. Auch Online-Terminbuchung bei Behörden sowie die meldeamtliche Ummeldung und die Vermittlung freier Kita-Plätze werden in naher Zukunft via Internet möglich sein.

Bereits jetzt schon lassen sich in Berlin Ausleihzeiten bei Bibliotheken online verlängern. Auch die Erteilung von Auskünften aus dem Einwohnermelderegister sowie die Buchung von Volkshochschulseminaren sind bereits elektronisch möglich. Und viele Architekten und Immobilienhändler informieren sich online über Grundstücke und Liegenschaften im Land Berlin.

Das größte Handicap ist allerdings die tatsächliche Nachfrage. Die ist noch relativ gering. Schuld ist das Fehlen der digitalen Signatur. Diese ermöglicht Behörden die sichere Prüfung der Identität einer Person mittels eines Codes. Weil aber nur die wenigsten zu Hause die erforderliche Technik besitzen, um sich elektronisch zu identifizieren, wird etwa bei Steuererklärungen noch per Hand unterschrieben. Höchstens die Formulare werden aus dem Internet gezogen. Zurzeit kosten Chipkarte und Lesegerät für die digitale Signatur rund 30 Euro im Jahr. Zu viel für viele Bürger, die im Durchschnitt nicht mehr als zweimal im Jahr eine Behörde aufsuchen müssen.

Attraktiver würde die Anschaffung werden, könnten auch Bankgeschäfte und Online-Einkäufe mit der elektronischen Signatur besiegelt werden. Bundesregierung, Banken, Dienstleister sowie Technikanbieter wollen bis Ende 2005 die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Online- Verwaltungsdienste und Geschäfte deutschlandweit mit der elektronischen Signatur abgewickelt werden können. Allen voran geht die Bundesregierung mit drei Projekten: der so genannten JobCard, dem digitalen Personalausweis und der Gesundheitskarte. Letztere soll bis 2006 allen Krankenkassenkunden zur Verfügung stehen und unter anderem Arztrezepte speichern.

Bleibt die Frage nach der Datensicherheit. Hacker dürften sich längst auf den Weg gemacht haben, ID-Codes zu knacken. Und was ist, wenn plötzlich jemand im Namen eines anderen ein Auto anmeldet oder ein Bankkonto eröffnet? Diese Sicherheitslöcher versuchen derzeit zahlreiche Unternehmen und Forschungsinstitute, unter anderem der Lehrstuhl für Netzwerk- und Datensicherheit an der Ruhr-Universität in Bochum, zu stopfen. Doch ähnlich wie beim Bezahlen via Kreditkarte wird es wohl auch hier niemals eine hundertprozentige Datensicherheit geben.

Wie viele andere Kommunen auch hofft die Berliner Verwaltung darauf, dass die Signaturtechnik möglichst schnell und am besten gratis in Umlauf gebracht wird. In vielen Verwaltungen würde schließlich mittels elektronisch zugesandter Formulare das zeitintensive Übertragen der Daten vom Papier in den Computer wegfallen. Und auch Bürger könnten sich Bescheide vom Amt elektronisch zuschicken lassen. Das spart Briefmarken und Wartezeiten. Was dann allerdings mit der dadurch geschaffenen freien Zeit der Behördenmitarbeiter und dem eingesparten Geld passiert, ist gewiss, denn die Berliner Verwaltung schrumpft.CHRISTINE BERGER